Mit wenig Aufwand den Projekterfolg sichern

30.07.2013

Im Gespräch mit Rolf Schröder und Sabine Rossbach„Jede regionale Fußballmannschaft hat einen Coach“, sagt Rolf Schröder, verantwortlich für das Projektmanagement bei der Deutschen Telekom Technik GmbH in Bonn. „Aber Projektleiter von komplexen Großprojekten sollen es alleine können?“ Ganz ähnliche Überlegungen stellt Sabine Rossbach, Senior Project Managerin bei der doubleSlash Net-Business GmbH an. „Und dabei ist der Aufwand für das Coaching von Projektleitern überschaubar, im Verhältnis zum Projektvolumen.“

Im Gespräch diskutieren beide über ihre Erfahrungen mit dem Coaching von Projektleitern aus der Sicht von Konzern und Mittelstand.

Woran merken Projektleiter, dass sie ein Coaching brauchen?

Schröder: Es sind eher die erfahrenen Projektleiter, die sich coachen lassen wollen. Die freuen sich, wenn sie einen Sparringpartner haben, mit dem sie diskutieren können. Die andere Gruppe sind die Jungen und Unerfahrenen, die gerade aus einem Lehrgang kommen und mitbekommen haben: Da ist jemand, der mir zur Seite steht. Schwierig sind diejenigen, die schon lange im Unternehmen sind, wenig Erfahrung haben und glauben, keine Schwächen zugeben zu dürfen.

Rossbach: Bei uns haben wir auch viele Erfahrene, die in eine neue Rolle gehen, z. B. vom klassischen ins agile Projektmanagement. Die jungen Leute sind ohnehin offen, aber das muss bei uns oft der Teamleiter mit steuern. Es muss klar sein, dass man auch bei einer größeren Verantwortung im Projekt keine Sorge haben muss, weil man sich jederzeit an den entsprechenden Coach wenden kann.

Schröder: Das ist sicherlich ein Unterschied von doubleSlash und der Telekom. Es ist natürlich eine viel jüngere Firma. Wir haben eben Menschen die schon seit über 20 Jahren im Unternehmen sind und sich kaum trauen zuzugeben, dass sie irgendwo Defizite haben.

Es scheint also schon stellenweise eine Scheu vor Coaching zu geben. Ist Freiwilligkeit für Sie das höchste Gebot?

Schröder: Ja, ich finde Freiwilligkeit ist hier das höchste Gebot. Es ist allerdings so: Wenn ein Projektleiter seine Performance nicht bringt und auch das Coaching massiv ablehnt, wird er irgendwann abgelöst.

Rossbach: Es ist auch wichtig, dass dieses Angebot permanent im Raum steht. Damit diese freiwillige Leistung auch angenommen wird.

Schröder: Deswegen machen wir so ein bisschen Marketing fürs Projektcoaching. Wenn ein relativ erfolgreiches Programm offen macht, dass es sich coachen lässt, dann ist es auch viel leichter für andere Coaching anzubieten.

Rossbach: Ich glaube wichtig bei diesem Thema ist auch, dass es nicht so rüber kommt, als gehe man zu jemandem und der weiß alles besser. Nach meiner Erfahrung ist es oft nur eine Initialzündung und dann laufen die Leute schon von selbst los.

Schröder: Das würde ich auch unterschreiben. Die Selbsterkenntnis führt eher zur Veränderung. Ich glaube häufig ist die Aufgabe eines Coaches auch, einfach mal eine andere Perspektive mitzubringen.

Wenn dann wirklich jemand für sich entscheidet, dass der Coachingbedarf da ist. Wie kommt er an die richtige Person, gerade auch in einer so großen Firma wie der Telekom?

Schröder: Ja, das ist ein sehr komplizierter Vorgang (zwinkernd). Sie schicken eine E-Mail an einen Kollegen oder mich und das war‘s.

So einfach geht’s?

Schröder: Wir haben kein Formblatt oder Formular, gar nix. E-Mail ist besser als alles andere. Wir haben ein Coaches-Netzwerk und dann schauen wir, wer fachlich und persönlich passt.

Rossbach: Bei uns ist der Weg meistens noch direkter. Am Kaffeeautomaten heißt es dann: Sabine, können wir uns mal unterhalten?

Schröder: Das mit dem Kaffeeautomaten hat bei uns den Titel „Über den Flur coachen“. Auch das funktioniert.

Das ist ja dann doch sehr einfach für so einen großen Konzern.

Schröder: Ja, das ist auch bewusst so. Einstiegshürde möglichst niedrig. Und wir belasten auch nicht die Kostenstelle des Coachees, und auch das mit voller Absicht. Sonst sagt der Chef: „Ach, das kannst du schon alleine.“ Aber der braucht es ja gar nicht alleine zu können! Eine Horrorvorstellung ist doch: Junge Nachwuchskraft kriegt ein Projekt umgehängt, aber nicht die entsprechende Unterstützung. Und geht dann in ein Burn Out. Das ist doch unmenschlich der Person gegenüber, passiert aber leider immer wieder. 

Rossbach: Prinzipiell läuft unser Coachingangebot auch auf HR-Budget, also auch nicht auf die Projektkostenstelle. Wenn das Coaching allerdings mit einem größeren projektbezogenen Know-how-Transfer verbunden ist, man z.B. gemeinsam das Projekt Setup macht, dann sollte es dem Projekt auch etwas wert sein.

Sind ihre Coaches Vollzeitcoaches und wie viele Projektcoaches haben Sie?

Schröder: Nein, überhaupt nicht. Wir haben bei uns im Bereich Technik, in dem ich ja für das Projektmanagement verantwortlich bin, ungefähr 20 Personen mit Projektmanagement-Coachingausbildung. Das Verhältnis liegt etwa bei 80 Internen und 20 externen Coaches.

Rossbach: Wir haben momentan zwei Leute die dafür verantwortlich sind. Wir haben aber noch mehr Erfahrene, die z.B. hauptsächlich Scrum machen  oder sich gut in MS Project auskennen. Die bieten dann gezielt ihre Unterstützung an.

Wie viel Arbeitszeit spendieren sie für Coaching?

Schröder: Fünf bis zehn Prozent maximal. Eher fünf Prozent.

Wie kann man sich dann so einen Coachingprozess vorstellen? Wie gehen Sie vor?

Schröder: Da wäre dann meine Frage an Sie: Was brauchen Sie am Ende unserer heutigen zweistündigen Sequenz? Und dann muss ja der Coachee eine Vorstellung haben und sagt dann z.B.: Ich hab keinen Überblick über meine Risiken. Ich möchte wissen welche Risiken ich habe und wie ich damit umgehe. Dann erarbeitet man das gemeinsam.

 Rolf Schröder über das Coaching von Projektleitern

 

Solche Themen brauchen sicherlich Akzeptanz. Wie kann man die sichern? Welche Rolle spielen dabei die Führungskräfte?

Schröder: Ich muss natürlich die Führungskräfte überzeugt haben, dass das Coaching dafür sorgt, dass die Projektergebnisse besser werden. Für die Führungskraft muss deutlich werden: Ich hab jetzt mehr Transparenz im Projekt, ich verstehe was passiert, ich sehe einen Fortschritt.

Rossbach: Wenn ein Mitarbeiter ganz neu ins Projekt reingekommen ist und ich nach einer Coaching Sitzung die Rückmeldung bekomme: „Hat der sich schnell eingearbeitet und die Ergebnisse sind schon so fundiert.“ Dann steigt die Akzeptanz durch Teamleiter und Coachees schon sehr.

Schröder: Und das ist glaube ich der Hebel fürs Projektcoaching. Es gab so eine Situation zu Anfang eines großen Projektes. Da sagte dann der Auftraggeber zum Programmleiter: „Sie sind ja dauernd nur am planen, sie haben ja noch überhaupt nichts gearbeitet.“ Drei Monate später waren wir mit dem gecoachten Projekt in time, in scope fertig. Aber das ist ein schwieriges Geschäft und etwas, wo ich immer wieder Energie reinstecken muss.

Es wurde vorhin schon mal kurz angedeutet. Die Projekte sind dank Coaching gut geplant. Wo wird der Erfolg von Projektcoaching noch konkret sichtbar?

Schröder: Ein gecoachtes Projekt hat eine Zielsetzung, hat ein Stakeholdermanagement, und hat meistens auch einen Auftrag. Bei einem nicht gecoachten Projekt gibt es dann oft x einzelne Aufträge, keine Gesamtsicht vom Projekt. Projektstakeholder sind unbekannte Wesen. Risikomanagement gibt es auch nicht, weil einfach nur einzelne Aufträge erledigt werden sollen. Das wären typische Indikatoren.

Haben Sie noch ein Fazit was sie zum Projektcoaching mitgeben wollen?

Rossbach: Projektcoaching hilft zum einen die Projektleiter und die Projekte effizient zu machen und gleichzeitig ihre Begeisterung beizubehalten.

Schröder: Für mich ist Projektcoaching zum einen das Leichtermachen des schwierigen Wegs von der Theorie zur Praxis. Der zweite Punkt ist, durch Projektcoaching nochmal eine andere Perspektive auf die gleiche Situation zu bekommen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Von seinen Erfahrungen über das Coachen von Projektleitern hat Rolf Schröder auch in einem interessanten Vortrag auf dem PM Forum 2012 berichtet.

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