Private Identität mit Klasse

13.02.2007

Als ich neulich gefragt wurde, was denn eigentlich die Identität ist und wie sie beim Identity Management definiert sei, brachte ich als Antwort den Klassiker: „Das kommt darauf an.“ Er blickte mich verdutzt an und ich erwiderte „Es kommt tatsächlich darauf an wer an meiner Identität interessiert ist und welchen Dienst ich nutzen möchte“.
Meine Bank benötigt sicher ganz andere Identitätsdaten von mir wie eine Online-Community.  youTube muss nicht wissen wer ich tatsächlich bin. Eine EMail-Adresse und eine Buchstabenkombination als Login genügt zum einstellen von Videos völlig aus. Hingegen muss ich bei e-Bay schon ein wenig mehr Daten von mir Preis geben, um dort Waren zu ersteigern oder selbst mit anzubieten.

Digitale Teile meines eigenes Ichs

Nüchtern betrachtet gibt es also verschiedene Kategorien des eigenen digitalen Ichs, welche sich dadurch auszeichnen wie viele Daten ich von mir verrate und vor allem wem ich sie verrate. Die Kategorien haben demnach viel mit Datenschutz, Privatsphäre und Vertrauen zu tun. Gewiss gibt es zu diesem Thema umfangreiche wissenschaftliche Arbeiten, doch habe ich in der Praxis nie mehr wie folgende vier digitale Identitätsklassen angetroffen:

Wie viel Identität gebe ich von mir preis?

  • Gefakte Identität – Eine solche Identität wird immer dann benutzt, wenn z.B. ein Dokument von einer Webseite geladen werden soll und vorher  eine, meist sehr nervige Registrierung verlangt wird. Auch die Phantasienamen bei Chats gehören dazu. Die gefakte Identität zeichnet sich dadurch aus, dass ich anonym bleiben möchte und keinerlei Informationen über meine wahre Identität preis gebe.
  • Online Identität – Wikipedia definiert die Online-Identität als die Accounts, welche für Network-Communities verwendet werden und man hierfür ein Mindestmaß  an Identitätsdaten, etwa Impressum einer Webseite, Adresse oder EMail preis geben muss (Stichwort: Web 2.0-Dienste).
  • Profilierte Identität – Typisch für diese Identitäten sind die regelmäßig genutzten Dienste wie Amazon, Online-Shopping, XING. Hierbei hat der Nutzer einen echten Mehrwert, wenn er einige Daten wie z.B. ein Bild, Vorlieben, Hobbies von sich preis gibt. Durch einen Ausweis – etwa Kreditkartendaten oder Mitgliedsausweis zeigt er gewissermaßen sein „Gesicht“.
  • Reale Identität – Zwar wird auch bei der realen Identität nicht wirklich ALLES von meiner Person sichtbar, doch ist beispielsweise bei Blogs, Webseiten und Geschäftsprofilen sehr viel über die Identität einer Person zu erfahren. Hierbei spielt auch eine Rolle, dass die reale Identität sich auch aus verschiedenen Ressourcen zusammensetzen kann. Z.B. Alle Informationen über google, Bonität von der Bank und Kaufverhalten in meinen Online-Shops.

 

 

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3 Kommentare zu “Private Identität mit Klasse

  1. Einige Gedanken zur profilierten Identität, die, wie ich meine, immer wichtiger wird, jedoch durch Services wie Xing nicht ausreichend erfüllt wird. Xing ist doch nur einer der vielen Anlaufstellen im Netz, bei denen ich konkrete Informationen zu meiner Person hinterlasse.
    Die Frage, die sich dabei stellt ist doch, „Muss ich all die Inhalte über mich und meine Person, die ich evtl. gar nicht selbst im Internet publiziere, zusammentragen und va. managen?“
    Ich denke ja. Mehr dazu habe ich unter folgender Domain zusammen zu tragen: http://identity20.wordpress.com/

  2. ich würde die „reale Identität“ als die von anderen tatsächlich wahrgenommene Identität bezeichnen. „Pseudo-real“ ist ein ganz guter Ausdruck dafür. Jeder betrachtet immer nur einen Ausschnitt und es gibt daher kein Richtig oder Falsch. Etwa so wie eine Person im realen Umfeld als Mitarbeiter, Vereinsmitglied, Ehemann, Bankkunde oder Dienstleister bemüht ist, die im jeweils erwartete Rolle zu erfüllen.

    Was Sie ansprechen hat gesellschaftspolitische Dimensionen und ist gerade darum sehr spannend :-).
    Durch das privat genutzte Internet entsteht ein völlig neuer Aspekt, nämlich die „Reputation“ (manche sagen auch „digitale Schleifspuren“). In USA wird diese bereits wie eine gut geführte Marke gehandelt und es gibt mittlerweile Dienste, welche die Reputation einer Person (auch ausserhalb des Internets) ermitteln.

    Dem angesprochenen digitalen Striptease oder auch „youtTube“-Phänomen würde ich übrigens eine ähnliche Bedeutung zusprechen wie vor einigen Jahren BigBrother. Am Anfang sicher interessant Jugendsünden des Kunden oder Mitarbeiters zu sichten und sich Gedanken über die Lebensumstände der Person zu machen.
    Doch finden wir es eigentlich nur desshalb interessant, weil wir einen überraschenden Einblick in eine andere „pseudo-reale-Identität“ (z.B. Privatleben), von der wir bisher nicht wussten dass es sie gibt bzw. wie sie aussieht.

    Dass uns die Themen „Digitale Rufschädigung“, „Identitätsklau“ und „Reputationsmanagement“ in den nächsten Jahren begleiten werden, rufen die Spatzen übrigens nicht nur in den USA sondern zunehmen auch von den Deutschen Dächern.

  3. Hallo Herr Belikan,

    kann man dann die „Reale Identität“ als Gesamtbild meiner im Internet hinterlassenen Teilidentitäten verstehen?

    Ich hinterlasse eine Online-Identität bei iam-wiki.org, eine profilierte Identität bei Xing. Das führen eines Blogs würde ich zur Klasse der profilierten Identität rechnen. Diese Teilidentitäten ermöglichen jedem Nutzer des Internets das Erstellen einer realen Identität von mir – einer pseudo-realen Identität. Der Grund das es sich um eine pseudo-realen Identität handelt ist der, dass der Andere glaubt, eine reale Identität von mir zu besitzen. Er hat jedoch keine Beweise für die Korrektheit meiner Angaben. Welche Bedeutung haben dann diese pseudo-realen Identitäten?

    Das Problem dieser pseudo-realen Identitäten ist, dass sie falsch sein können. Ein zukünftiger Arbeitgeber, der von mir eine pseudo-reale Identität besitzt, glaubt an deren Richtigkeit. Wie soll man sich also verhalten? Am Besten so viele Daten wie möglich im Internet publizieren, damit die pseudo-reale Identität in einem möglichst gutem Licht erscheint? Wie wirkt jemand, von dem keine pseudo-reale Identität gebildet werden kann? Wirkt diese Person nicht suspekt?

    Ich denke das sind große Gefahren die dort lauern und ich glaube das viele, die jetzt stolz sind Teil von youTube zu sein, sich spätestens dann, wenn Sie nie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden, sich fragen, was sie falsch gemacht haben. Ausserdem existiert ein weiteres Problem: digitale Identitäten gehen nie verloren. Sie werden einem dass ganze Leben begleiten. In der Realität kann ich umziehen und mir einen neuen Freundeskreis suchen. Das Internet vergisst nichts.

    Grüße
    Matthias Schilha

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