Tatort Projekt – eine Spurensuche

10.04.2014

Tatort Projekt – eine Spurensuche„Man kann ein Projekt sezieren wie eine Leiche “ – so begann Jochen Wörner, Dornier Consulting, seinen GPM-Vortrag[1] am vergangenen Donnerstag bei doubleSlash. Die CSI-Forensiker[2] ermitteln jetzt auch im Projekt? So klang es im Vortrag tatsächlich. Ziel dieser Sezierarbeit ist die Schuldzuweisung bei riesigen „Titanic“ Projekten, d.h. Projekten, die bereits gescheitert und vor einem Schiedsgericht gelandet sind. Und wenn dann noch Anwälte von Auftragnehmer und Auftraggeber im Spiel sind, wird es hässlich, hat Wörner in seiner Praxis als Projekt-Forensiker bereits erfahren. Mit etwas Sensibilität im Vorfeld kann man sich aber durchaus für den Ernstfall wappnen.

Es ist nicht sehr spannend, die Dokumentenlage immer sauber zu halten und alle Zusatzvereinbarungen mit dem Auftraggeber schriftlich zu fixieren. Auch scheint es selbstverständlich, fehlende Zulieferungen rechtzeitig schriftlich einzufordern. Das ist das Grundhandwerkszeug jedes Projektmanagers. Genau wie das Risikomanagement und ein realistisches, zeitnahes Reporting. In größeren Projekten werden über die Projektlaufzeit aber oft genug viele Basisfehler gemacht, so Wörner. Das Problem: Der Nachweis für eine Einhaltung der Sorgfaltspflicht wird im Nachhinein schwierig.

Ein Aspekt ist für die Anwälte beider Parteien von besonderem Interesse, wenn sie die Verträge und Projektdokumentation Satz für Satz auseinander nehmen: „Die anfängliche Unmöglichkeit.“ Es ist ein gefundenes Fressen für die Partei des Auftragnehmers, wenn sie Hinweise für eine vorsätzliche Falschplanung des Projektes findet. Unmögliche Termine, ungeeignete Vorgehensweisen, zu geringer Reifegrad der Technologien können Indizien sein. Besonders bei innovativen Projektansätzen ist die Gefahr einer offenen Flanke vor einem Schiedsgericht groß.

Die Frage, wie sich ein Projekt mit agilem Vorgehen wie Scrum vor dem Schiedsgericht schlagen würde, konnte Jochen Wörner nicht beantworten. Öffentliche Auftraggeber für Projekte der Dimension eines „Toll Collect“ kennen agiles Vorgehen meist gar nicht.

Dabei haben agile Methoden aus unserer Erfahrung bei doubleSlash ein paar entscheidende Vorteile:

  • Zeit und Budget werden fixiert. Die Funktionalität wird priorisiert und daran angepasst. Eine Lieferung im Kostenrahmen zur richtigen Zeit ist damit sichergestellt. Durch die Priorisierung sind die wichtigsten Funktionen auf jeden Fall entwickelt.
  • In kurzen Zyklen von zwei bis vier Wochen wird der Auftraggeber in die Entwicklung über den ganzen Projektverlauf eingebunden. Missverständnisse oder Fehlentwicklungen werden so sehr früh transparent und können kostengünstig korrigiert werden.
  • Mit jedem Kunden-Review ist eine Teilabnahme verbunden. Damit steht am Ende nicht das ganze Produkt in Frage, sondern maximal ein Teil davon.

Ganz ohne klassisches Projektmanagement funktioniert es bei großen Projekten allerdings nicht. Gerade das Management der Risiken und der Stakeholder gehört zu den wichtigsten Disziplinen in jedem Projekt. Deswegen setzen wir bei vielen unserer Projekte „Hybrid-Methoden“ ein. Damit vereinen wir die Vorteile einer schnellen innovativen Entwicklung mit einer stabilen Projektmanagement-Basis.

Es lohnt sich also schon bei der Vertragsgestaltung und Methodenauswahl, sich die möglichen Fragen der Forensiker zu stellen, weiß Wörner. Eine Garantie für einen reibungslosen Projektabschluss ist das nicht. Der forensische Blick auf das Projekt ist mehr ein „Sicherheitsgurt“, den das Projekt hoffentlich nie braucht.


 [1] GPM – deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V.
 [2] CSI – Crime Scene Investigation

 

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