Tracking von Firmenfahrzeugen mit Augenmaß

01.10.2013

In letzter Zeit, macht in Zeitungen und Fernsehen, immer wieder das Thema Spionage und Datenschutz Schlagzeilen. Nun ist auch die Überwachung des Fahrverhaltens ins Auge der Datenschützer geraten. „Vehicle Tracking“ nennt sich die Überwachungstechnik für Fahrzeuge, welche die Ermittlung und Analyse von GPS Koordinaten, Bremsverhalten, Geschwindigkeit und vieler anderer Daten, in Echtzeit festhalten und übertragen kann.

Car-Tracking von Firmenfahrzeugen und Datenschutz

Wie funktioniert das?

Eine kleine Box, wie das CalAmp LMU 30001, wird mit dem Bordcomputer zur Erhebung der Daten gekoppelt. Eine Mobilfunkverbindung ermöglicht es dann, die Fahrzeugdaten, live und in Farbe, zu übertragen. Dabei kann das Sendeintervall, von wenigen Sekunden über Minuten, bis hin zu Stunden oder gar Tagen frei, eingestellt werden.

Die Juristen des ADAC stehen dem Ganzen kritisch gegenüber und halten das Vehicle Tracking für „[…] die totale Überwachung des Fahrverhaltens.“2  Während der ADAC und auch andere Datenschützer um die Privatsphäre der Fahrzeugführer fürchten, bringt die Tracking-Technik aber auch viele neue Chancen. Der „Pay as you drive“  – Tarif von Versicherungen gibt schon reichlich Zündstoff für Diskussionen, aber auch für Speditionen, Mietwagenflotten oder den Firmenfuhrpark bietet die relativ neue Technik vielversprechende Möglichkeiten, wie z.B. Carsharing oder ein elektronisches Fahrtenbuch.

Elektronische Fahrtenschreiber

In den letzten fünf Jahren wurde von der italienischen Allianz –Tochter Allianz Telematics, nach eigenen Angaben, bereits in mehr als 80.000 Fahrzeuge, elektronische Fahrtenschreiber eingebaut.3  In Baden-Württemberg gab es vor ein paar Jahren bereits zwei Testläufe, allerdings wurde das Projekt wieder auf Eis gelegt, da es noch zu viele Probleme bei der Zuverlässigkeit und dem Datenschutz gab.4  Viele dieser Probleme lassen sich inzwischen minimieren. So ist Zuverlässigkeit der Tracking-Box auf das Mobilfunknetz angewiesen und kann nur dann senden, wenn auch das Mobilfunknetz verfügbar ist. Hierfür können beispielsweise Pufferspeicher einsetzen, falls der Fahrer in einem Tunnel unterwegs ist und eine verspätete Sendung der Daten ermöglicht werden. Der Datenschutz hingegen ist immer noch eine Hürde für die Einführung.

Big Data Problem

Die Gefahr, dass die Daten ausgenutzt werden ist vorhanden, kann aber durch wenig Aufwand reduziert werden. Die Rohdaten, die während der Fahrt ermittelt und gesendet werden sind zu mächtig, um sie zu speichern und oder mit Personen in Verbindung zu bringen. Diese müsste man sammeln und aggregieren, wobei nur die aggregierten Daten übertragen werden. Zudem wäre eine Massenspeicherung der Rohdaten technisch kaum möglich, da bei rund 52 Mio. angemeldeter Kfz in Deutschland (stand 20125) jeder Server überlastet wäre. Weiter ist es für die Auswertung der Daten nicht zwingend nötig den Nutzer zu identifizieren. Dieser kann anonymisiert werden und erst nach der Auswertung wieder zugeordnet werden. Im Falle einer Versicherung würde dies bedeuten, dass zuerst nur die Daten einer ID empfangen und bearbeitet werden. Nach Analyse dieser Daten kann eine neue Prämie festgelegt werden, welche dann mittels ID wieder zugeordnet werden kann. Dadurch wäre die Ermittlung und Verarbeitung sensibler Personen bezogener Daten von der Person selbst getrennt.
Zusätzlich muss der Fahrer immer darüber informiert werden, welche Daten von ihm übermittelt werden, um diese einschränken zu können. Beispielsweise könnte man Daten wie Drehzahl und Durchschnittsgeschwindigkeit übermitteln, die exakte Route würde allerdings nicht übertragen werden und bleibt privat.
Und für den Fall, dass einmal nicht der Versicherte das Fahrzeug benutzt und die Daten nicht übermittelt werden sollen, muss es eine Möglichkeit geben, das Tracking zeitweise zu deaktivieren oder einzuschränken. Beispielsweise sollte man angeben können, ob gerade der Versicherungsnehmer selbst oder ein Dritter das Fahrzeug fährt. Bei einer Firmenflotte wäre es praktisch angeben zu können, ob die Fahrt privat oder geschäftlich ist.

Datenschutz bei Firmenfahrzeugen

Ein weniger kritischer Faktor ist der Datenschutz bei Mietwagen oder dem Firmenfuhrpark, solange der Bezug zwischen Fahrer und Fahrzeug nicht hergestellt wird. Durch das Vehicle Tracking kann der Zustand von Miet- oder Firmenwagen in Echtzeit abgerufen und somit auch das Fleetmanagement stark erleichtert werden. Zudem kann das Vehicle Tracking mehr Sicherheit und eine wirtschaftlichere Fahrweise ermöglichen, da der Flottenmanager jederzeit weiß, wo sich seine Fahrzeuge befinden und wie ihre Fahrer damit umgehen. Passend dazu gibt es bereits eine Lkw-Versicherung, die ihre Prämien anhand der erhobenen Daten ermittelt.

Neuen Antrieb erhält die Automobilbranche durch ein Notrufsystem, das den Namen eCall trägt. Nach einem Unfall, bei dem der Airbag ausgelöst wird, setzt eCall selbstständig einen Notruf mit aktueller Position des Unfallwagens an die Notrufzentrale ab. Dazu wählt sich das System mit einer eigenen SIM-Karte in das Mobilfunknetz ein und übermittelt die Daten. eCall soll, nach einer neuen EU Vorschrift, ab 2015, serienmäßig in jeden Neuwagen eingebaut werden.6 Für Mobilfunk- und Telematik-Dienstleister wäre dies ein großer Vorteil im Bezug auf die Einführung des Vehicle Trackings..

Um das Vehicle Tracking flächendeckend einzuführen und alle Fahrzeuge nach zu rüsten, ist die Hardware plus Mobilfunkvertrag aktuell noch zu teuer. In Zukunft wird deshalb das Trackingsystem bereits beim Herstellungsprozess in das Fahrzeug integriert, da dadurch der Produktionspreis nur geringfügig steigt (ca. 100€ pro Fahrzeug + Mobilfunkvertrag) und sich  damit kaum im Kaufpreis bemerkbar macht. Vielleicht wird diese Technik zusätzlich mit einer 2 Zwei-Wege-Kommunikation ausgestattet werden. Zum jetzigen Zeitpunkt agiert das Fahrzeug nur als Sender, wenn nun zusätzlich auch Daten Empfangen werden könnten, wäre eine Feedbackfunktion für analysierte Fahrzeugwerte möglich. So könnte der Druckverlust der Bremsleistung oder des Reifendrucks festgestellt werden. Daraufhin könnte der Fahrer via Bordcomputer angewiesen werden, eine Werkstatt aufzusuchen bevor das Unfallrisiko zu hoch für eine Weiterfahrt ist. Eventuell direkt mit den GPS-Daten zur nächsten Vertragswerkstatt.

Die Risiken für den Datenschutz lassen sich nicht wegdiskutieren. Um die Chancen der neuen Technologie zu nutzen, müssen diese auf ein akzeptables Maß reduziert werden. Eben mit Augenmaß.

1 Calamp,www.calamp.com/products/cellular-a-gps/fleet-tracking-units/lmu-3000-location-messaging-unit, 24.09.2013
2,4 ADAC Motorwelt, Achtung: Spion fährt mit, S. 39, 08/2013
3,6 Heise Online, http://heise.de/-1952865, 20.09.2013, 09.09.2013
4   Autokiste, Hanno Ritter, http://www.autokiste.de/psg/1201/9891.htm, 23.09.2013, 25.01.2012

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Ein Kommentar zur “Tracking von Firmenfahrzeugen mit Augenmaß

  1. Ja, Zündstoff ist sicher in diesem Thema. Daher gefällt mir diese fundierte Gegenüberstellung von Chancen und Risiken. Es ist zu einfach, eine Technologie wegen der Risiken von vornherein zu verdammen. Dann dürfte es das Internet oder Social Media überhaupt nicht geben.

    Auf der anderen Seite ist die aktuelle Diskussion um Datenschutz und Privatsphäre auch notwendig, um sich einem solchen Thema mit der notwendigen Vorsicht zu nähern. Der Begriff Augenmaß ist da auf jeden Fall der richtige.

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