Usability ohne Grenzen

01.07.2009

Letztes Wochenende habe ich einen Bericht in der Computerwoche (Ausgabenr. 26 vom 22. Juni 2009) gelesen, in dem die Benutzerfreundlichkeit (Usability) von Web-Shops untersucht wurde. Das hat mich dazu gebracht, vor meinem geistigen Auge Revue passieren zu lassen, was mir zum Thema Usability im Laufe meiner jetzt doch schon 15-jährigen Berufslaufbahn begegnet ist.
World Usability Day am 12. November 2009 in Stuttgart
Das Thema Usability ist ein Dauerbrenner. Jede technische Neuerung im Bereich der Softwareentwicklung kam auch mit dem Versprechen, die Usability zu verbessern. Dabei ist das was Usability ist ein sehr subjektiver Begriff. Ich erinnere mich, dass wir Mitte der Neunziger Jahre ein Computer Based Training (CBT) für ein Hostsystem (3270-Terminal) entwickelt haben.

 Damals war der Begriff von Multimedia in aller Munde und auch wir versuchten den Projektleiter auf Kundenseite davon zu überzeugen, was man mit grafischen Benutzeroberflächen und vielen Bildern alles machen könnte. Dieser jedoch zeigte sich davon völlig unbeeindruckt und meinte, seine Anwender könnten auf die Funktionstasten nicht verzichten. Für seine Anwender sind die „blind“ bedienbaren Funktionstasten das höchste an Usability.

Die Maus – eine unnütze Erfindung?

Ein weiteres Beispiel ist ein Mitarbeiter von uns, für den die Maus scheinbar eine unnütze Erfindung ist. Und der ist tatsächlich ohne Maus extrem schnell in der Bedienung von Computerprogrammen, in dem er einfach alle Tastenkürzel benutzt, die es gibt.

Diese Beispiele zeigen, dass es schwer ist eine Usability zu definieren, die allgemein akzeptiert werden kann.

Als ich in der Softwareentwicklung eingestiegen bin, waren gerade die Client-Server Anwendungen mit ihren grafischen Benutzeroberflächen, allen voran Windows, auf dem Vormarsch. Hier wird die Bedienung von Anwendungen durch fest definierte Sätze an sogenannten Controls (Button, Menüs, …) definiert, die in allen Anwendungen gleich oder zumindest ähnlich vorkommen. Einen Schritt weiter ging schon Apple einige Jahre zuvor, die nicht nur Controls definierten, sondern auch den Einsatz und die Benennung für alle Anwendungen festgelegt haben. Somit findet sich ein Anwender, der  einmal die Bedienung einer Anwendung gelernt hat, in vielen anderen Anwendungen zurecht. Verbunden mit dem Erfolgszug der grafischen Benutzeroberflächen ist der Einsatz der Maus, die im Vergleich zu Tastatur dem intuitiven Verhalten des Menschen, sich räumlich zu orientieren, deutlich mehr entgegenkommt.

Usability der ersten Stunde

Durch den beispiellosen Erfolgszug des Internet wurden die sich gerade etablierenden Bedienkonzepte überholt. Während die grafischen Benutzeroberflächen der Neunziger fast ausschließlich technisch getrieben waren, konnte durch die leichte Erlernbarkeit von HTML fast jeder neue Bedienkonzepte umsetzen. Dabei kam nicht immer was Gutes heraus, aber es gab auch sehr viele kreative und innovative Ansätze. Allen gemeinsam war allerdings, dass sie keinem Standard folgten und somit selten intuitiv bedienbar waren. Hinzu kam, dass HTML-basierte Anwendungen der ersten Jahre immer die Seiten komplett neu laden mussten, was bei komplexen Anwendungen zu langen Ladezeiten führte. Webanwendungen haben mit Sicherheit gegenüber der Client-Server- Welt viele Vorteile, doch die Usability haben sie in Summe nicht verbessert.

Mit Web2.0 kam dann die Veränderung. Damit ist jetzt nicht das Social Computing gemeint, sondern die Entdeckung von technischen Möglichkeiten, die sich in unseren Browsern schon seit längerem schlummerten. Das Zauberwort heißt AJAX. Damit konnten wieder Anwendungen erstellt werden, die an die Konzepte der grafischen Benutzeroberflächen der Neunziger anknüpften. Dennoch bieten sie mehr Flexibilität, da sie sich nicht auf die Verfügbarkeit von festgelegten Controls beschränken.

Zusammenfassend läßt sich sagen, dass wir die letzten 15 Jahre mehrere Entwicklungen gesehen haben, die auch immer für sich propagiert haben die Usability von Anwendungen zu verbessern.

Erkenntnisse aus 15 Jahren Usability

Versucht man den Kern all dieser Ansätze zu destillieren, so komme ich zu folgenden Erkenntnissen:

  • Eine Anwendung muss übersichtlich sein. Der Mensch kann nur begrenzt viele Objekte auf einmal erfassen. Goldene Regel ist maximal sieben. Die Konsequenz ist, dass Funktionen – dasselbe gilt auch für reine Informationen – strukturiert werden müssen. Der Mensch kann sich hervorragend schnell Strukturen über Interaktion erschließen.
    Für die Übersichtlichkeit sind vor allem auch die Grundlagen der Gestaltung wichtig. Das Auge orientiert sich an Kanten. Zuviele Kanten zerstören die Übersichtlichkeit.
  • Die Aufteilung des Bildschirms und die Verwendung von Kontrollelementen sollte den Kontext des Anwenders berücksichtigen. Wenn alle meine Anwender Mac-User sind, wäre eine Oberfläche, die sich an Windows orientiert, schlecht konzipiert. Dasselbe gilt auch für die verwendeten Begriffe. Häufig sind bereits Begriffe von den Anwendern gelernt, diese sollte man kennen und nicht neu belegen. Zum Kontext zählen unter anderem: Erfahrung mit dem Computer, Herkunft und Sprache, Geschlecht und weitere.
  • Eine Anwendung muss mit dem Benutzer interagieren. Der Benutzer benötigt ein Feedback auf seine Aktionen. Klickt er einen Button und die Anwendung zeigt nicht an, dass sie etwas macht, dann wird der Benutzer spätestens nach 5 Sekunden nochmal klicken und nochmal und nochmal. Damit wurde schon so manches System lahm gelegt.
  • Eine Anwendung muss hochperformant sein. Dies ist eine unmittelbare Konsequenz aus der Interaktion. Wenn sich ein Mensch über Interaktion eine Anwendung erschließen, bzw. einer Aktion eine Reaktion erfolgen soll,  sind Wartezeiten >2sec inakzeptabel.

Wollen wir zum Abschluss noch einen Blick in die Zukunft wagen. Was die bringt wissen wir natürlich nicht, aber die grafischen Benutzeroberflächen mit ihren Eingabengeräten Tastatur und Maus und dem Ausgabegerät des zweidimensionalen Monitors sind beschränkt.

Konzepte der Zukunft sind da vermutlich Anwendungen, die sich dreidimensional präsentieren und über Sprache interagieren. Das Holodeck läßt grüßen.

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2 Kommentare zu “Usability ohne Grenzen

  1. Hi Frank,

    ja, das Bild wird wohl auch noch die nächsten 15 Jahre aktuell bleiben. Wir hatten es hier auch schon verwendet.

    Generell ist OpenID nach wie vor ein sehr gutes Konzept. Allerdings gibt es immer wieder Probleme mit den verfügbaren WordPress-Plugins.
    Da wir keine Zeit haben, um selber ein funktionsfähiges zu entwickeln mussten wir es leider vorläufig disabeln.

    Grüss, Oliver

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