Abrechnungsmodelle im Zeitalter digitaler Services und wie Sie Kunden damit dauerhaft glücklich machen

18.05.2020

Im Zeitalter digitaler Services ist es nicht mehr wegzudenken, Dienste ohne unterschiedliche Abrechnungsmodelle anzubieten. Im ursprünglichen Sinne ist ein Abrechnungsmodell dafür gedacht, dem Kunden zu vermitteln wie hoch der Preis ist.

Mittlerweile werden Abrechnungsmodelle immer häufiger als Service begriffen. Viele Abonnenten möchten nur das bezahlen, was sie auch tatsächlich verbraucht haben – sogenanntes „pay per use“. Bei Produkten werden die Produktionskosten den Gewinnmargen gegenübergestellt und auf Basis dessen der Preis definiert. Doch wie definiert man den Preis für ein Nutzenversprechen, einem Zugang, ein Event? Und wie wird der Preis gerechtfertigt?

Zum einen kann ein Unternehmen das nutzungsabhängige Wachstum als Maßstab heranziehen. Dies bedeutet, je häufiger der Kunde dieselbe Ressource nutzt oder je mehr Ressourcen vom Kunden eingenommen werden, desto höher der Preis. Bei Dropbox bspw. werden ab einer gewissen Speichergrenze Kosten fällig. Diese rechtfertigt das Unternehmen seinen Kunden gegenüber damit, dass durch die größere Nutzungskapazität auch die Preise steigen. Zum anderen kann die Preisgestaltung am funktionsabhängigen Wachstum stattfinden. Der Umfang der Services definiert dann den Preis.
Ein weiteres Beispiel ist Spotify. Hier gibt es neben einer Freemium-Version auch eine Premium-Version, welche durch mehr Funktionen wie dem Offline-Hörmodus von Liedern preislich gerechtfertigt wird. Unternehmen profitieren also davon, die Abrechnung des vom Kunden genutzten Service flexibel zu gestalten und an seinem Nutzungsverhalten auszurichten. Dies fördert die Transparenz des Nutzenversprechens. Über die Zeit haben sich diverse Abrechnungsmodelle entwickelt – wir haben diese für Euch unter die Lupe genommen

Unterschiedliche Services führen zu diversen Abrechnungsmodellen

Fester Pauschalpreis: Die einfachste Variante der Abrechnung sind feste Pauschalpreise. Das Unternehmen bietet nur ein Produkt zu einem festen Preis  an, welcher in einem regelmäßigen Abrechnungszyklus beim Kunden abgebucht wird. Dieses Modell ist einfach an den potentiellen Kunden zu kommunizieren und mit geringeren Entwicklungs- und Bereitstellungskosten verbunden. Für größere und komplexere Angebote von etablierten Unternehmen ist dieses Modell jedoch nicht zu empfehlen, da Ertragsmöglichkeiten ungenutzt bleiben und ein hoher Aufwand bei spezifischen Anpassungen für einen Kunden entstehen. Im Bereich von standardisierten Produkten oder Dienstleistungen hingegen bietet sich ein fester Pauschalpreis an, da gleichbleibende Abläufe gut kalkulierbar sind.

Preisstufen: Im Software-as-a-Service (SaaS) Bereich sind Preisstufen eines der bekanntesten Abrechnungsmodelle und finden in immer mehr Branchen Anwendung. Dabei werden unterschiedliche Angebotsstufen definiert, bei denen der Kunde für einen besseren Funktionsumfang bereit ist, mehr zu bezahlen. Dieses Modell lässt sich am einfachsten mit einer Freemium-Version kombinieren, welche die einfachste Angebotsstufe darstellt. Nachteile bei Preisstufen sind äquivalent zu den Nachteilen bei einem festen Pauschalpreis. Ein Preisstufenkonzept ist eine Erweiterung des festen Pauschalpreises, bedingt aber, dass das entsprechende Produkt oder Dienstleistung verschiedene Funktionen anbietet, die unabhängig voneinander umsetzbar sind. Beispielhaft für ein Preisstufenmodell ist der Musikstreaming-Dienst Spotify, der eine Freemium Version anbietet sowie eine kostenpflichtige Premium Version.

Bezahle per Einheit (PPU): Bei der Bezahlung per Einheit (eng. pay per unit) bezahlt der Kunde für das, was er tatsächlich benötigt oder verbraucht hat. So wird zum Ende des Abrechnungszyklus auf Basis der Konditionen des Vertrages und der Nutzdaten die Rechnung generiert. Am bekanntesten ist diese Methode aus der Mobilfunkbranche, wenn bei Prepaid-Verträgen die Anzahl an Anrufen, SMS und der mobilen Datennutzung zum Monatsende zum zu zahlenden Betrag führen. Dieser moderne Ansatz hat sich auch auf weitere Branchen ausgeweitet. So wird nicht nur noch nach verbrauchter Einheit, sondern auch z.B. im Lizenzgeschäft nach Nutzeranzahl, Anzahl an Transaktionen, Speicherkapazität o.ä. abgerechnet. Dabei fallen viele Daten an, die im Nachhinein für eine Analyse eines Produkts genutzt werden können. Beispiele für PPU finden sich bei Amazon und im iTunes Store, beispielsweise bei Kauf eines Musik Albums oder eines einzelnen Tracks. Der Kunde bezahlt nur für das Lied, welches er gekauft hat und muss nicht den vollen Albumpreis bezahlen. Der Nachteil eines PPU-Ansatzes ist der im Verhältnis zu anderen Abrechnungsmodellen hohe Aufwand, jede einzelne Einheit kalkulieren zu müssen. Außerdem muss jede einzelne Einheit unabhängig von anderen Einheiten funktionieren, was ebenfalls einen hohen Aufwand erzeugen kann, insbesondere bei Softwareprodukten.

Bezahle was du willst (PWYW): Die speziellste Abrechnungsmethode ist, wenn der Kunde bezahlt, was er möchte (engl. pay what you want). Das von Auktionshäuser stammende Modell wurde im Internet von diesen selbst, wie z.B. eBay, erstmals genutzt. Lokale Geschäfte oder Kulturhäuser haben in den vergangenen Jahren dieses Modell vermehrt eingeführt, um Kunden in Konzerte oder lokale Lebensmittelläden zu locken. Anwendung findet diese Methode häufiger bei Unternehmen, die Teile ihres Gewinns an soziale Einrichtungen oder Projekten abgeben sowie Non-Profit-Organisationen (z.B. Humble Bundle). Der Vorteil bei einem PWYW-Ansatz ist, dass sich aus den eingehenden Umsätzen ableiten lässt, was Kunden generell bereit sind für das Angebot zu zahlen. Der Nachteil ist, dass nicht mit einem festen Umsatz kalkuliert werden kann und bei zu niedrigen Einnahmen die laufenden Kosten nicht gedeckt werden. Dieses spezielle Abrechnungsmodell bietet sich nicht für umsatzorientierte Unternehmen an, sondern fast ausschließlich für Non-Profit-Organisationen und für Unternehmen, die ein Angebot oder Dienstleistung etablieren und man weiß, dass auch eine Wertschätzung der Kunden besteht, dafür angemessen zu zahlen z.B. gutes Essen, Kunst etc.

Discounts, Promotions und Coupons: Um den Abonnenten den Zugang zum Angebot zu erleichtern, kann ein Unternehmen auch Rabattaktionen, Promotionen o.ä. durchführen. Eine Rabattaktion kann entweder zeitbasiert sein (z.B. 50% Rabatt auf die ersten zwei Monate der Nutzung) oder stufenbasiert (z.B. bekommt der Abonnent ab einer Nutzstufe, die er erreicht, vergünstigte Konditionen).

Abrechnungsmodelle in der Übersicht

Bei dieser Vielfalt an Abrechnungsmodellen passiert es leicht den Überblick zu verlieren. Folgende Übersicht zeigt einige Vor- und Nachteile sowie Einsatzmöglichkeiten.

Abrechnungsmodell Vorteile Nachteile Einsatzmöglichkeit
Fester Pauschalpreis Ein fester Pauschalpreis ist vielen Kunden einfach zu vermitteln, da bei diesem Modell alle Kunden gleichbehandelt werden. Auch ist es mit niedrigerem Aufwand im Verhältnis zu den anderen Modellen zu betrachten, da nach einmaliger Preisermittlung der Preis für das Produkt feststeht.
Zudem können aufgrund von Skaleneffekten, welche durch den Verkauf des Produktes entstehen, Kosten eingespart werden.
Geeignet für standardisierte Produkte, die nicht an spezielle Kundenbedürfnisse angepasst werden müssen.
Fehlende Flexibilität für kundenspezifische Aufträge. Geeignet für standardisierte Produkte, die nicht an spezielle Kundenbedürfnisse angepasst werden müssen.
Preisstufen Verschiedene Preisstufen lassen sich gut mit Freemium verknüpfen und sind hingegen zu einem festen Pauschalpreis, etwas flexibler für den Kunden. Niedrige Flexibilität für kundenspezifische Aufträge. Geeignet für standardisierte Produkte, die verschiedene Nutzergruppen wie bspw. Geschäfts- als auch Privatkunden ansprechen.
PPU Bei der Bezahlung per Einheit bezahlt der Kunde nur das, was er nutzt. Somit ist eine höhere Kundenflexibilität gewährleistet. Außerdem entstehen zusätzliche Daten über die Beliebtheit von Produkten zu einem genauen Zeitpunkt, was dem Produktmanagement bei der strategischen Ausrichtung eines Produkts von Vorteil sein kann. Ein hoher Aufwand bei der Bereitstellung einzelner Komponenten, bzw. Produkte. Jedes Produkt muss in der Lage sein, selbständig zu funktionieren und gleichzeitig mit anderen Produkten zu interagieren. Das resultiert aus der Möglichkeit des Kunden, Produkte einzeln zu erwerben. Geeignet für Einzelprodukte, die mit anderen Einzelprodukten kombiniert werden können.
PWYW Der Kunde zahlt nur den Betrag, den er bereit ist in ein Produkt zu investieren – unabhängig von den Kosten, die durch die Anschaffung und Instandhaltung eines Produkts anfallen. Dadurch entsteht eine hohe Kundenbindung und der Anbieter des Produkts erhält Feedback über den Wert seines Produktes aus der Sicht des Kunden. Die Wirtschaftlichkeit ist meist nicht gegeben und es herrscht Unsicherheit über Einnahmen, da Kunden potentiell weniger Geld bezahlen können, als benötigt/ kostendeckend wäre und somit laufende oder bereits entstandene Kosten nicht gedeckt sind. Geeignet für spezifische Community nahe Produkte im kulturellen Bereich, bspw. bei Musikkonzerten oder Kunstausstellungen.

Sind Abrechnungsmodelle nicht mehr länger nur Mittel zum Zweck?

Im Umfeld der Digitalisierung sind die Möglichkeiten von kundenspezifischen Anpassungen wichtiger als je zuvor. Das gilt auch für Abrechnungsmodelle, die nicht mehr ausschließlich als Mittel zum Zweck dienen, sondern zusätzliche Services und Kundenspezifikationen ermöglichen und somit zur Kundenbindung beitragen. Dabei steht nicht mehr das klassische Modell des pauschalen Preises im Mittelpunkt, sondern insbesondere das Preisstufenmodell und der Ansatz Pay Per Unit – unter anderem in Kombination mit einem Freemium Konzept. Diese Modelle bieten einem Anbieter von Produkten und Dienstleistungen neue Möglichkeiten, die eigenen Services zu erweitern. Für ein Unternehmen bedeuten die neuen Abrechnungsmodelle die Möglichkeit einer neuen strategischen Ausrichtung im Vertrieb sowie in der Entwicklung von Produkten. Dabei nimmt der Vertrieb eine stärkere strategische Rolle ein als zuvor. Subscription Management Systeme kümmern sich um die technische Umsetzung und enthalten sehr viele Daten zum Nutzungsverhalten des Dienstes durch die Kunden. Diese können verwendet werden, um den Dienst im Sinne des Kunden weiterzuentwickeln. Aus der Kombination dieser beiden Komponenten, den Modellen des Subscription Management und den dazugehörigen Systemen, ist es möglich, erfolgreich langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen und Geschäftsmodelle mit digitalen Services zu betreiben.

 

Welches Subscription Management passt zu meinem Service?

 

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Quellen:

Bachelor Thesis „Geschäftsmodelle im subscription Management – Erstellung eines Leitfadens zur Einführung abo-basierter Geschäftsmodelle anhand einer Filesharing-Plattform“, 2020, Maximilian Toepler

Baxter, Robbie Kellman (2015): The membership economy. Find your superusers, master the forever transaction, and build recurring revenue. New York: McGraw-Hill Education.

Spotify.com

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