AI made in Germany?

30.09.2022

Es gibt nur wenige Themen, die in den letzten Jahren einen derartigen Hype erlebt haben wie KI. Gleichzeitig sind in Deutschland viele Firmen bei dem Thema vom Gipfel der überzogenen Erwartungen im tiefen Tal der Tränen angekommen.

Zahlreiche innovative Ideen sind über die Proof of Concept Phase nicht hinausgekommen. Die großen Moonshot Projekte, z.B. im Kontext autonomes Fahren, wurden gestoppt oder zumindest stark gekürzt. Gleichzeitig enteilen uns die großen Giganten in den USA und China mit hierzulande utopisch anmutenden finanziellen Mitteln: Allein in 2020 investierten private Unternehmen aus diesen beiden Ländern über 33 Milliarden US-Dollar in das Thema KI. Und „AI made in Germany“? Nun ja, wir investieren immerhin 5 Milliarden Euro – bis 2025…

Wir sind also gut beraten, uns Nischen zu suchen die noch nicht besetzt sind und uns dabei auf bewährte Stärken zu fokussieren. Made in Germany steht im Wesentlichen für deutsche Ingenieurskunst, sei es im Maschinenbau, in der Entwicklung von Industrie- und Infrastrukturanlagen oder im Automobilbau. In diesem Bereich haben wir (noch) einen Vorsprung.
Hierzu reicht es allerdings nicht aus, nur den Ausbau unserer KI-Kompetenz voranzutreiben. Aktuell fehlen in der Praxis noch viel zu oft die entsprechenden Voraussetzungen, um KI-Projekte realisieren zu können. Im Wesentlichen fehlen:

  1. Fachliche Anwendungsfälle, die einen echten Mehrwert bieten.
    Sich nur mit der KI selbst zu beschäftigen bietet keinen Mehrwert. Stattdessen benötigt es konkrete Business Cases, die sich auch wirtschaftlich rentieren. Was trivial klingt fällt in der Realität vielen Firmen sehr schwer. Die meisten Ideen und Ansätze bleiben in der Proof of Concept Phase stecken und schaffen nicht den Sprung hin zu einer produktiven Lösung. Ein Thema, das in unserem Kundenumfeld relativ gut funktioniert ist Predictive Maintenance. Durch effizientere Wartungsprozesse werden hier Ausfallzeiten reduziert, Kosten gesenkt und die Kundenzufriedenheit gesteigert. Die Wahrscheinlichkeit in diesem Bereich einen rentablen Business Case zu stricken ist dadurch relativ hoch. AI made in Germany würde gut daran tun mehr in diese Anwendungsfälle zu investieren.
  2. Eine umfangreiche Vernetzung von Dingen.
    Für KI benötigt man Daten. Firmen, deren Geschäftsmodell bereits vollständig digitalisiert ist – wie zum Beispiel bei Google – fällt es in der Regel leicht auf die Daten seiner Kunden und Produkte zugzugreifen. Nur auf Basis dieser Daten können dann auch entsprechende KI-Anwendungen aufgebaut und trainiert werden. Der klassische deutsche Anlagenbauer hat es hier jedoch deutlich schwerer. Eine Windkraftanlage oder eine Straßenbahn muss zunächst mal vernetzt werden. Das erfordert die Entwicklung von individuellen IoT Devices, die direkt auf den jeweiligen Anlagen verbaut sind und dann von dort mit einem entsprechenden IoT Backend kommunizieren können. Derartige Lösungen müssen erst individuell von den jeweiligen Herstellern entwickelt werden. Auch in diesen Bereich muss AI made in Germany deutlich mehr investieren.
  3. Kompetenzen im Bereich Cloud Computing.
    Die Anforderungen an KI-Anwendungen unterscheiden sich von denen klassischer Software. Das Training der KI-Modelle kann sehr ressourcenintensiv sein, da ihnen oftmals große Datenmengen zugrunde liegen auf denen rechenintensive Operationen durchgeführt werden. Folglich muss die Anwendung sehr skalierfähig sein. Hinzu sollen Data Science Teams befähigt werden kollaborativ an der Optimierung der Anwendung arbeiten. Hierzu werden Funktionen zur Versionierung und Überwachung der Daten und Modelle benötigt. Hierzu werden cloudbasierte Lösungen wie Azure oder AWS eingesetzt, da sie viele der vorher genannten Funktionen bereits im Bauch haben. Entsprechende Technologieexperten sind für viele Projekte das eigentliche Bottleneck und werden händeringend gesucht.
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Abbildung 1. Anforderungen an eine produktive, skalierfähige KI-Anwendung; Quelle: doubleSlash
Fazit:

AI made in Germany ist eine wichtige Voraussetzung, damit wir weiter international Wettbewerbsfähig sind und unsere Innovationskraft aufrechterhalten können. Die öffentliche Debatte fokussiert sich dabei im Wesentlichen um den Ausbau unserer KI-Kompetenz. So sollen beispielsweise deutschlandweit 100 neue Professuren zum Thema Künstliche Intelligenz eingerichtet werden. Doch wie erfolgsversprechend ist dieser Ansatz, wenn gleichzeitig für weite Teile unserer Industrielandschaft die wesentlichen Voraussetzungen fehlen, um KI überhaupt anwenden zu können?

Wie AI made in Germany erfolgreich sein kann zeigt die Münchner Firma Konux. Mit einem an sich relativ speziellen Anwendungsfall – der Störungserkennung an Eisenbahnweichen – konnte Konux über 130 Mio. Euro Risikokapital einsammeln. Es ist damit derzeit das am höchsten finanzierte KI-Startup in Deutschland.

 

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