Für datengetriebene Marketingentscheidungen: Werbewirkungsmodelle im Vergleich

14.09.2022

Wie kann die Wirkung von Kommunikations- und Vermarktungsmaßnahmen messbar und anschaulich gemacht werden? Diese Fragestellung haben wir uns in einer Bachelorthesis gestellt. Antworten geben wir in diesem Blogbeitrag.

Werbewirkung: Wie Nutzerverhalten gezielt messbar wird

Seit Beginn der Werbeforschung wurden verschiedene Werbewirkungsmodelle entwickelt und optimiert – je nach Kommunikationsmöglichkeiten, Produktarten und Kundenverhalten.

Die Werbewirkung beschreibt den Erfolg von Werbung und ist das Ergebnis von zielgruppenspezifischen Werbemaßnahmen. Dabei können Markenbekanntheit, Markenimage oder auch die wirtschaftliche Wirkung der Werbung anhand von Leistungskennzahlen gemessen werden.

Was sind dabei die bekanntesten Werbewirkungsmodelle? Worin unterscheiden sie sich? Welche Stärken beziehungsweise Schwächen haben diese verschiedenen Ansätze? Und wie können diese Modelle Daten für übergreifende Marketingentscheidungen liefern?

Ältere Werbewirkungsmodelle, wie bspw. das AIDA-Modell konzentrieren sich auf lineare Erfahrungen und betrachtet ein eher universelles Nutzungsverhalten. Mit dem alten strukturierten linearen Ansatz werden verschiedene Wege, die eine Person einschlagen kann, nicht berücksichtigt. Unternehmen verpassen dadurch wichtige Gelegenheiten zum Erreichen und Umwandeln potenzieller Kunden. Neue Modelle konzentrieren sich hingegen auf eine nicht-lineare Erfahrungen und betrachtet das Verhalten der Nutzenden individueller, indem einzelne Verhaltensweisen, die einen User antreiben, berücksichtigt werden. Sie orientieren sich stärker an der Customer Journey.

Mit dem Einsatz eines solchen Modells entlang der Customer Journey kann die Erfahrung der User mit einem Produkt oder einer Marke visualisiert werden. Darauf folgt die Analyse der einzelnen Schritte eines Users. Die Analyse hilft, besser zu erstehen, wie Nutzende bei jedem Schritt ihrer Reise unterstützt werden können. Dieser iterative Vorgang ermöglicht es, den angebotenen Service immer weiter zu verbessern. So können alle Instrumente, Strategien und Konzepte daraufhin gebündelt werden, damit Marketing und Vertrieb ihren Wertbeitrag im Unternehmen gezielt leisten können. Zur Skalierung des Marketings müssen also verschiedene Kompetenzen, Kanäle und Abteilungen kombiniert und optimal eingesetzt werden. Werden diese Modelle dann noch um bspw. Nutzungsdaten ergänzt, können die Erkenntnisse bspw. für die Erstellung einer Kampagne zur Gewinnung und Pflege neuer und bestehender Kunden im Marketing genutzt werden . Die Modelle können demnach unter anderem von Unternehmen als eine Art Rahmen für datengetriebenes Marketing und einen nachhaltigen Ansatz für modernes Marketing betrachtet werden.

Werbewirkungsmodelle im Überblick

5 A´s

Eine Abwandlung von AIDA bietet das fünf A´s Modell: aware, appeal, ask, act und advocate. Das einfache Modell beschreibt den trichterförmigen Prozess, den Kunden durchlaufen, wenn sie Marken in ihre Überlegungen einbeziehen.

5 A´s-Modell
Abbildung 1: 5 A´s-Modell ; Bildquelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Kotler, P. / Kartajaya, H. / Setiawan, I. (2017), S. 39-41

Das modifizierte Modell zielt darauf ab, das Kundenverhalten nach dem Kauf zu verfolgen und die Kundenbindung zu messen. Es betrachtet die Handlung des Wiederkaufs als einen starken Indikator für die Kundentreue. In der Zeit vor der Digitalisierung bestimmten Kundinnen und Kunden ihre Einstellung gegenüber einer Marke größtenteils selbst. Durch die wachsende Digitalisierung wird die anfängliche Anziehungskraft einer Marke noch viel stärker von der Gemeinschaft, die die Kundin oder den Kunden umgibt, beeinflusst, um deren endgültige Einstellung zu bestimmen. Der hier beleuchtete Kundenpfad soll die Zunahme dieses sozialen Einflusses widerspiegeln und orientiert sich an der Loyalitätsdefintion. Möglich, dass ein Kunde ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Leistung nicht ständig wiederkaufen muss, z.B. aufgrund eines längeren Kaufzyklus. Wenn der Kunde jedoch mit dem Unternehmen zufrieden ist, wird er es auch dann weiterempfehlen, wenn er gerade kein aktiver Kunde ist.

See-Think-Do-Care

Das See-Think-Do-Care-Modell basiert darauf, das eigene Produkt aus der Perspektive der potenziellen Kunden zu sehen. Nach diesem Modell gibt es vier verschiedene Gruppen von Kundenabsichten, die als Überlegungsphasen bezeichnet werden. Die in jeder Phase gelieferten Inhalte müssen auf den Grad des Interesses abgestimmt sein und über den Kommunikationskanal an die Zielgruppe verbreitet werden, der für das Erreichen der jeweiligen Stufe effektiv ist. Das Marketing sollte daran ausgerichtet werden, wo sich die Kunden im Kaufprozess befinden.

Im See-Think-Do-Care-Modell werden den Phasen eigene Leistungskennzahlen zugeordnet, damit die Leistung beurteilt werden kann. Welche Maßnahmen zu welchen Phasen im Entscheidungsprozess passen, lässt sich pauschal nicht beantworten. Die Einordnung sollte je nach Produkt, Branche und Zielgruppe ausfallen.

See-think-do-care-Modell
Abbildung 2: See-Think-Do-Care-Modell ; Bildquelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Heintze, R. (morefire) (2021)

AARRR

Das AARRR-Framework durchläuft fünf Phasen. Die bewusst lineare Struktur des Modells repräsentiert die Bestandteile des Marketingtrichters. Mit dem Modell können Kunden besser verstanden und Erkenntnisse zur Optimierung des Modells genutzt werden. Das AARRR-Modell zeigt auf, welche Metriken und Kanäle in jeder Phase zu berücksichtigen sind, damit Nutzende zu Kunden und Befürwortenden einer Marke werden. Es handelt sich um eine Vereinfachung des See-Think-Do-Care Modells, die dabei hilft, die entscheidenden Maßnahmen und Marketingtaktiken zu identifizieren, die umgesetzt werden müssen, um sicherzustellen, dass Nutzende zu zahlenden Kunden werden. AARRR ist wahrscheinlich das bekannteste und verbreitetste Framework für die Definition von Metriken. AARRR ist ein geeignetes Modell, um fundierte datengestützte Entscheidungen zu treffen.

AARRR-Modell
Abbildung 3: AARRR-Modell ; Bildquelle: Eigene Darstellung

RARRA

Das RARRA-Modell übernimmt im Wesentlichen die Komponenten des AARRR-Modells und ändert die Perspektive. Nicht die Abfolge der Phasen, die ein User im Modell durchläuft, ist wichtig, sondern die Priorität, die jede Phase hat. Der Schwerpunkt dieses Modells liegt auf mobilen Produkten. Zu diesem Modell gehört auch die Aufschlüsselung der einzelnen Phasen in Mikro-Conversions, um jeder Metrik einen entsprechenden Wert zuzuweisen.

RARRA-Modell
Abbildung 4: RARRA-Modell ; Bildquelle: Eigene Darstellung

Durch die Priorisierung der einzelnen Phasen bringt das RARRA-Modell eine neue Ordnung in das ursprüngliche AARRR-Modell: Die Phasen werden aus der Perspektive der Kundenbindung betrachtet, wodurch alle Teams des Unternehmens auf das gleiche Ziel hinarbeiten: Die Optimierung der Kundenbindung, d.h. die Verbesserung des Produkts und die Steigerung des Kundennutzens. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf dem Customer-Lifetime-Value.

 

FAZIT: Wie entscheiden Sie sich für das passende Werbewirkungsmodell?

Werbewirkungsmodelle werden für das aktive Monitoring des Erfolgs oder Misserfolgs von Vermarktungs- und Kommunikationsmaßnahmen anhand von Leistungskennzahlen im Unternehmen eingesetzt. Die Modelle dienen dazu, die immateriellen Dimensionen des Unternehmens und ihre Wechselwirkungen untereinander sowie ihre Auswirkung auf die Leistung zu bewerten und in Form eines Dashboards zu visualisieren. Dabei bilden die Modelle die unterschiedlichen Phasen der Customer Journey ab – also die Stufen, die Interessenten, Leads oder Kunden im Laufe des Kaufprozesses durchlaufen. Je nach Phase werden Ziele festgelegt, deren Erfolg es mittels Leistungskennzahlen zu messen gilt.
Werbewirkungsmodelle müssen zu Zielen und Anforderungen des Unternehmens passen, um ihre Wirkung richtig zu entfalten. Auf Basis dieser sowie des im Unternehmen genutzten Reifegradmodells (z.B. Customer Journey), lässt sich das passende Modell verproben und ausdefinieren. So können dann passende Leistungskennzahlen identifiziert werden, damit ein unternehmensspezifisches Werbewirkungsmodell aufgesetzt und sinnvoll genutzt werden kann. Durch diese Kombination von Werbewirkungsmodell und Leistungskennzahlen kann ein individuell passendes Modell entstehen, das in der Lage ist, den Weg der Nutzenden abzubilden und Kommunikationsmaßnahmen und -aktivitäten in unterschiedlichen Phasen messbar zu machen. Welches Modell favorisieren Sie als Framework für Ihre Marketing- und Vertriebsstrategie?

 

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Quellen

[1] Marktforschung.de (o. J.): Werbewirkungsmodelle URL: https://www.marktforschung.de/wiki-lexikon/marktforschung/Werbewirkungsmodelle/ (zugegriffen am 26.10.2021).

[2, 6] Webfx, Inc. (2021): The Modern Digital Marketing Funnel URL: https://www.webfx.com/digital-marketing/learn/digital-marketing-funnel/#new-vs-old (zugegriffen am 25.10.2021).

[3, 8, 9] Kotler, Philip / Kartajaya, Hermawan / Setiawan, Iwan (2017): Marketing 4.0 Moving from Traditional to Digital, Hoboken. ISBN: 978-1-119-34106-2.

[4] Adhiya, Anuj (2020): Understanding Customer Journey Frameworks in the Context of Growth Hacking URL: https://www.dummies.com/article/business-careers-money/business/marketing/understanding-customer-journey-frameworks-in-the-context-of-growth-hacking-269649/ (zugegriffen am 20.10.2021).

[5, 7, 14, 16, 19, 21] Azevedo, Octavio Carneiro (JungleTopp Media) (2020): AARRR vs. RARRA: Die beiden Growth Marketing Frameworks im Vergleich URL: https://jungletopp.com/growth-marketing-framework/#:~:text=%20How%20Do%20You%20Build%20A%20Growth%20Marketing,the%20ideas%20on%20how%20to%20achieve…%20More%20 (zugegriffen am 28.10.2021).

[10] Ylitalo, Frida (2021): Development of digital sales processes with help oft he See-Think-Do-Care model, Umea, Schweden.

[11, 12, 13] Heintze, Robin (morefire) (2021): Mit dem SEE-THINK-DO-CARE-Framework zur ganzheitlichen Online Marketing-Strategie URL: https://www.more-fire.com/ratgeber/see-think-do-care/ (zugegriffen am 01.12.2021).

[15] Cuofano, Gennaro (2022): Dave McClure’s Pirate Metrics: The AARRR Funnel In A Nutshell URL: https://fourweekmba.com/pirate-metrics/ (zugegriffen am 30.01.2022).

[17] Lechelle, Pierre (2014): AARRR: Pirate Metrics for SaaS URL: https://www.pierrelechelle.com/aarrr-pirate-metrics (zugegriffen am 30.01.2022).

[22] Schneider, Malte Hans Georg (2019): Predicting corporate innovation capability. Proactive process KPIs instead of retrospective business analysis, URL: https://www.grin.com/document/947370 (zugegriffen am 21.02.2022).

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