Hochautomatisiertes Fahren findet auch in der Cloud statt

13.02.2020

Vollautonomes Fahren ist in aller Munde. Die einen erwarten mehr Sicherheit im Straßenverkehr. Die anderen haben Angst vor der Autonomie künstlicher Intelligenzen und den ethischen Konsequenzen. Tatsächlich ist das vollautonome Fahren (Stufe 5 des autonomen Fahrens1 ) auf unseren Autobahnen noch Zukunftsmusik. Längst real hingegen sind die immer ausgereifteren Fahrerassistenzsysteme in modernen Fahrzeugen, die das Leben des Fahrers erleichtern und die Sicherheit verbessern sollen. Diese Assistenzsysteme nehmen aktuell die Hürde zur Stufe 3, dem hochautomatisierten Fahren (HAF). Und das findet nicht nur im Fahrzeug statt, sondern auch in der Cloud. Warum das so ist und was das für die Softwareentwicklung bedeutet, lest ihr hier.

Fahrzeugsensordaten reichen für hochautonomes Fahren nicht aus

Heutige Fahrerassistenzfunktionen basieren meist auf der Auswertung der Daten unterschiedlicher Sensoren und Systeme eines Fahrzeugs wie Kamera, Ultraschall, Lidar oder Radar. Diese erkennen jeweils Teilausschnitte der Umgebung und werden zu einem einheitlichen Umfeldmodell zusammengefügt. Dieses Umfeldmodell stellt verschiedenste Informationen zu bewegten Objekten, statischen Hindernissen, Straßenverläufen und mehr bereit. Das „Sichtfeld“ des Fahrzeugs ist auf dieses Umfeld eingeschränkt.

Das allerdings reicht nicht aus, um den Weg zum hochautomatisierten Fahren konsequent weiterzugehen. Vielmehr muss das bisherige Umfeldmodell zur Berechnung und Kontrolle des Fahrwegs deutlich erweitert werden. Dies geschieht mit Informationen, die von außerhalb der Sensorreichweite kommen. Mit ihnen lassen sich die Fahrfunktionen dynamisch verbessern und sogar ganz neue Fahrfunktionen entwickeln. Damit werden IT-Systeme, die sich außerhalb des Fahrzeugs befinden, erstmals Teil fahrdynamischer Fahrzeugfunktionen.

IT-Systeme außerhalb des Fahrzeugs werden Teil der Fahrerassistenzsysteme

Mit den neuen Fahrzeugvarianten vieler Hersteller kommen weitere Fahrzeugfunktionen auf die Straße, die durch IT-Systeme in der Cloud unterstützt und erweitert werden. Das Backend in der Cloud hält zum Beispiel das Kartenmaterial aktuell und liefert dynamische Informationen. Diese Informationen basieren sowohl auf externen Informationsquellen als auch aus aggregierten Sensordaten vieler Fahrzeuge. IT-Systeme im Hintergrund sammeln diese Daten aus unterschiedlichen Quellen, bereiten sie auf und liefern sie wieder an die Fahrzeuge aus.

Ein solches HAF-IT-System ermittelt zunächst, ob die jeweilige Information für ein Fahrzeug relevant ist. Der Standort des Fahrzeugs dient dabei als Basis, und alle im Umkreis dieses Standorts auftretenden Events sind potenziell für ein Fahrzeug relevant. Der Umkreis wird dabei abhängig von der Art des Events festgelegt. Da sich der Standort eines Fahrzeugs bei der Fahrt ständig ändert, ist es essentiell, dass nur die jeweils veränderte Information an das Fahrzeug übertragen wird.

Fahrzeug und HAF-System sind in ständigem Austausch

Das IT System stellt unterschiedliche Informationen über Umfeldbedingungen wie etwa Geschwindigkeitsbegrenzungen, Baustellen oder Ampelphasen zur Verfügung. Diese können als sogenannte Events an die Fahrzeuge übertragen werden. Die Fahrzeuge können sich für eine oder mehrere Eventarten anmelden, so dass sie Benachrichtigungen zu den jeweiligen Events erhalten.

Dabei kann es ganz unterschiedliche Arten von Events geben, an denen die Fahrzeuge beziehungsweise ihre Fahrer interessiert sein können, zum Beispiel Informationen zu variablen, elektronischen Geschwindigkeitsbegrenzungen. Diese können aufgrund von Verkehrsbedingungen, Baustellen oder anderen Gegebenheiten unterschiedliche Werte anzeigen. Eine weitere Eventart sind Warnungen vor gefährlichen Fahrbedingungen wie Glatteis. Solche frühzeitigen Warnungen sollen helfen Unfälle zu vermeiden.

Über Streckenfreigabe-Events kann dem Fahrzeug außerdem mitgeteilt werden, welche Teilabschnitte für autonomes Fahren geeignet sind. Außerdem sind RTTI-Informationen zur aktuellen Verkehrslage möglich sowie Events, die Daten zur Dauer von Ampelphasen übertragen. Mit letzteren ist es prinzipiell möglich, die Geschwindigkeit entsprechend zu ermitteln, um bei der nächsten Ampel bei grün anzukommen.

Ein IT-System für HAF bildet die die Grundlage für eine übergreifende Plattform, die weitere digitale Services in den Bereichen Gefahrenwarnung, Navigation, Verkehrsinformationen und Parken ermöglicht. Dabei gilt auch hier, dass die Automobilhersteller erst einen Teil dieser Eventarten umgesetzt haben und vieles noch Zukunftsmusik ist.

Ein agiler cloudbasierter Ansatz ist Erfolgsfaktor für HAF-Systeme

Damit das hochautomatisierte Fahren mit Unterstützung eines IT-Systems im Hintergrund zuverlässig funktioniert und auch in Zukunft erweitert werden kann, sind die Anforderungen an die entwickelte Backend-Software hoch. Ausfallsicherheit und Performanz sind genauso sicherzustellen, wie die Skalierbarkeit für zukünftige Erweiterungen.

Zusammen mit Kunden und Partnern entwickelt doubleSlash HAF-Backendsysteme, die Informationen sammeln, auswerten und die daraus berechneten dynamischen Informationen an die Fahrzeugflotte verteilen. Bei der Entwicklung haben unsere Experten folgende Erfolgsfaktoren identifiziert:

Cloudbasierter Ansatz und Microservice Architektur

Das technologische Fundament einer HAF-Anwendung stellt die Kunden-Cloud dar. Die cloudbasierte Anwendung dient dazu, die Hochverfügbarkeit des Systems in allen Regionen zu garantieren und eine stetig wachsende Fahrzeugflotte bedienen zu können.

Das IT-System basiert auf einer flexiblen Microservice-Architektur mit fachlich getrennten, unabhängigen Services. Für Monitoring und Logging werden aktuelle Cloud-Technologien eingesetzt.

SAFe – agile Zusammenarbeit im großen Stil

Ein agiles Vorgehensmodell macht flexible Reaktionen auf Veränderungen möglich. Da das Projekt in einem größeren Gesamtkontext mit verschiedenen IT-Systemen im Bereich automatisiertes Fahren zu sehen ist, bietet sich hier das Modell SAFe („Scaled Agile Framework“) an.

Das agile Manifest ist die Grundlage für SAFe, daraus werden – wie für Scrum – die SAFe Prinzipien abgeleitet. SAFe geht jedoch noch einen Schritt weiter, denn das Rahmenwerk ist zur Koordination mehrerer agiler Teams und Projekte gedacht. Diese Scrum Teams arbeiten auf ein gemeinsames Ziel hin, ihre Projekte sind Teil eines größeren Produkts. Durch den Zusammenschluss der einzelnen Teams lassen sich Abhängigkeiten identifizieren und Redundanzen vermeiden. Ihre Sprints haben einen gemeinsamen Takt, und die Ergebnisse der einzelnen Teams werden durch eine übergreifende Planung auf der Program Increment Ebene aufeinander abgestimmt.2

 

Fazit

Für hochautomatisiertes Fahren (HAF) werden zahlreiche Informationen außerhalb der Sensorreichweite eines Fahrzeuges benötigt, damit das Fahrerassistenzsystem lernen kann. Dafür liefern IT-Systeme außerhalb des Fahrzeuges aufbereitete dynamische Informationen auf Basis unterschiedlichster Informationsquellen. Für solche Systeme gelten besonders hohe Anforderungen an Themen wie Performanz, Ausfallsicherheit und Skalierbarkeit. Um dies zu gewährleisten, setzen wir auf aktuelle Cloud-Technologien und ein agiles, aber skalierbares Vorgehensmodell. Mit letzterem lässt sich schnell und flexibel auf Veränderungen reagieren – ohne jedoch Abhängigkeiten zu anderen Projekten im Gesamtkontext außer Acht zu lassen.

 

Beispiel: Technolgy Stack auf Basis Amazon Webservices
Amazon Web Services (AWS)

  • Amazon Elastic Compute Cloud (EC2)
  • Amazon Elastic Kubernetes Service (EKS)
  • Amazon Relational Database Service (RDS)
  • Amazon Virtual Private Cloud (VPC)
  • AWS Security Groups
  • Amazon CloudWatch
  • Amazon Route 53
  • AWS Lambda
Kubernetes
Docker
Terraform
Grafana
Kibana
Agile Toolchain
Atlassian Confluence, Jira, Bitbucket
Gitlab

 

Mehr zum Technology Stack erfährst du hier

 

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Quellen:

1 https://www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/ausstattung-technik-zubehoer/assistenzsysteme/fahrerassistenzsysteme/

2 https://www.scaledagileframework.com/

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