Subscription Maturity Model: Die fünf Reifephasen eines Geschäftsmodells für erfolgreiche Subscription-Angebote

27.05.2021

Der Wandel von einer produktorientierten hin zu einer serviceorientierten Denkweise durchdringt immer mehr Industrien und verändert die Grundlage, wie Nutzen für den Kunden geschaffen wird.

So steht nun weniger der kurzfristige Verkauf von Produkten, sondern der Kunde selbst, dessen Nutzen und langfristiger Wert (Customer Lifetime Value) für das Unternehmen im Fokus. Mit dieser veränderten Sichtweise ändert sich auch das Angebot der Unternehmen. So hat Apple längst damit aufgehört, ein Produktunternehmen zu sein. Die Strategie des Unternehmens basiert schon lange nicht mehr allein auf dem Verkauf von Endgeräten, sondern auf maßgeschneiderten Services mittels der Apple-ID. Viele weitere Unternehmen bieten nun Abo- (Subscription) basierte Geschäftsmodelle an.

 

Nicht nur, um von diesem Trend zu profitieren, sondern gezwungenermaßen, um am Markt bestehen zu bleiben. So führe, nach Aussage von Zuoras CEO Tien Tzuo, die Digitalisierung zu einer Renaissance des Abo-Modells nach dem Beispiel von Netflix und Spotify, die sämtliche Branchen – von der Autoindustrie über den Einzelhandel bis hin zum verarbeitenden Gewerbe – disruptieren wird. Es sei der „Beginn des Abo-Zeitalters“ und das „Ende des Besitzes“. Die Transformation des eigenen, meist produktzentrierten Geschäftsmodells, hin zu einem Abo-basierten Geschäftsmodell kann sich jedoch schwierig gestalten1.

Das Subscription Maturity Model soll bei der Unternehmenstransformation als Wegweiser dienen und diese erfolgreich unterstützen. Es liefert eine Grundlage für die Identifizierung und Priorisierung der nötigen Schritte für fünf verschiedene Phasen, in welchen sich Unternehmen befinden können. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass Unternehmen die Phase 4 oder sogar direkt Phase 5 schnellstmöglich erreichen können, wenn frühzeitig in die Prozesse und Systeme investiert wird. Dabei sollten die Prozesse über den gesamten Lebenszyklus eines Kunden, d.h. vom Offer Browsing bis über das Lifecyle Management hin zur Rechnungsstellung, voll automatisiert umgesetzt werden.

 

Grafik Subscription Maturity Model
Abbildung 1: Grafik zum Subscription Maturity Model, Quelle: eigene Darstellung

Phase 1: Wild West – alles ist erlaubt, was Kunden bringt

Wie es die Benennung der ersten Phase schon vermuten lässt, ist alles erlaubt, sofern es die Abonnentenanzahl erhöht. Der Fokus liegt hier zweifelsfrei auf der Kundenakquise. Um möglichst einfach viele Kunden zu erreichen, wird daher häufig auf eine „One-Size-Fits-All“-Preisstrategie zurückgegriffen. Das Unternehmen muss Ressourcen aufwenden, um sich aus dieser Phase herauszubewegen, obwohl zu diesem Zeitpunkt kein Gewinn oder sogar Verluste eingefahren werden.

Um andere Dinge, wie die Erweiterung des Angebots oder die Differenzierung des Preismodells, kümmert man sich zunächst nicht. Auch die Kundenbindung wird in der ersten Phase vernachlässigt. Dies führt dazu, dass die Abwanderung der Kunden, unabhängig vom Preis oder der Leistung, recht hoch ist. Auch die Kundenerfahrung ist inkonsistent und die Kosten für die Kundenakquise sind ziemlich hoch.

Für Unternehmen ist es schwer, sich aus dieser Phase herauszubewegen. Um sich weiterzuentwickeln, müssen Ressourcen und Zeit investiert werden, ohne dass die Rentabilität direkt ersichtlich ist. Viele Unternehmen mit traditionellen Geschäftsmodellen befinden sich lange Zeit in dieser Phase. Das kann zum Beispiel daran liegen, dass das Unternehmen die Gewinnung eines Kunden lediglich wie den Verkauf eines weiteren Produktes behandelt. Folglich sind sowohl die IT-Landschaft als auch das Angebotsportfolio zumeist rein auf kurzfristige, produktorientierte Transaktionen ausgerichtet. Auch stellt in einigen Fällen mangelnde Zahlungsbereitschaft der Kunden den Wechsel vom initial kostenlosen Angebot hin zu einer bezahlten Subscription eine Herausforderung dar.

Phase 2: Opportunistic – Subscription-Angebot verfeinern und Kosten senken

In der zweiten Phase geht es vor allem um die Verfeinerung des Angebots und die Senkung der Kosten für die Kundenakquise. Der Fokus liegt dabei auf der Benutzerfreundlichkeit des Angebots und darauf, sich als Nutzer einfach registrieren zu können, beispielsweise durch Self-Service Portale. Jedoch fehlen dem Anbieter die Fähigkeit und die Infrastruktur, die Nutzerzahl zu skalieren und datenbasierte Einblicke ins Nutzerverhalten zu generieren. Es wird versucht, die Nachfrage zu segmentieren und das Angebot zu differenzieren. Durch die Verfeinerung des Angebots und der erhöhten Benutzerfreundlichkeit steigt die Kundenzufriedenheit. Trotzdem ist die Kundenabwanderung nach wie vor sehr hoch bei einem gleichzeitig niedrigen Kundenwert.

Die Sichtweise eines abgeschlossenen Kundenlebenszyklus hat sich ebenfalls noch nicht etabliert und spiegelt sich demnach auch nicht in der Systemlandschaft wieder. Dabei beschränkt sich die Segmentierung des Angebots und der Kunden rein auf das Front-End, und greift nicht tiefer in die Prozesse und Systeme im Back-End ein. So spielen beim Durchlauf eines gesamten Prozesses manuell gestützte Eingriffe und Abläufe, wie z.B. manuelle Schritte in der Rechnungsstellung, noch eine große Rolle.

Obwohl sich die Kosten für die Kundenakquise in dieser Phase senken lassen, bleibt der Kundenwert auf einem niedrigen Niveau. Dies hat die Ursache, dass es den Subscription-Anbietern in dieser Phase grundsätzlich noch an der Fähigkeit fehlt, nach der Akquise einen hohen Kundenwert zu schaffen.

Wenn sich ein Unternehmen in dieser Phase befindet, sollte der Fokus darauf gelegt werden, sich weg von der bisher dominierenden Kundengewinnung hin zu einer umsatzorientierteren Sichtweise zu entwickeln, um die Unternehmenstransformation voranzutreiben.

Phase 3: Defined – der gesamte Kundenlebenszyklus wird betrachtet und passende Subscription-Angebote formuliert

In dieser Phase steht nun nicht mehr die reine Kundengewinnung im Vordergrund, sondern der Aufbau einer gesamtheitlichen Monetarisierungsstrategie. Es bilden sich Strukturen, die die Verlängerung des Abonnements vereinfachen und die Entstehung eines echten, definierten Kundenlebenszyklus unterstützen. Es entwickelt sich eine auf den Abonnenten ausgerichtete Plattform, die eine flexible Personalisierung ermöglicht. Der Kunde steht im Mittelpunkt. Das spiegelt sich auch in der Etablierung einer zentralen Kunden-ID wieder, auf die sich die gesamte Plattform und die Nutzung der Services ausrichten.

Unterstützend wird ein sogenanntes Kundenerfolgs-Team gebildet. Es kümmert sich um den Kundensupport (reaktive Kommunikation mit dem Kunden) und das Kunden-Erfolgsmanagement (proaktive Handlung gegenüber dem Kunden). Es entstehen Kundenlebenszyklen, die über die Anmeldung einer Subscription hinausgehen und aus einer gesamtheitlichen Perspektive betrachtet werden. Es werden Strategien entwickelt, die dazu beitragen, Kundengruppen zu identifizieren und den richtigen Ebenen des Subscription-Angebots zuzuordnen.

Der Kundenzuwachs ist in der Regel immer noch sehr hoch in dieser Phase, weshalb die Kosten der Kundenakquise den Wert des Kundenlebenszyklus immer noch überragen können. Jedoch lassen sich aus der generellen Entwicklung des Kundenwerts, der Höhe der wiederkehrenden Umsätze und der Kundenbindungsrate die ersten positiven Tendenzen ableiten.

Phase 4: Quantitatively managed – starke Kundenbindung und langlebige Kundenlebenszyklen mit passenden Subscription-Angeboten

Die Subscription-Anbieter, die sich in dieser Phase befinden, haben nicht nur die Voraussetzungen für eine starke Kundenbindung und langlebige Kundenlebenszyklen geschaffen, sondern nutzen auch die gesammelten Daten für die Weiterentwicklung aller Geschäftsaspekte, insbesondere dem Aufbau noch tieferer Beziehungen zum Kunden.

Konkret bedeutet das die system- und prozessgestützte Fähigkeit, Kunden bei ihrer persönlichen Entwicklung zu begleiten und zu unterstützen. Dazu gehört für den Kunden der Wechsel zwischen den Angeboten, die Kombination von Angeboten und das Erhalten von personalisierten Empfehlungen.

Es wird ein aktives Berichtwesen über alle Teilbereiche des Subscription-Angebots etabliert, wodurch anhand von verschiedensten Kennzahlen die finanzielle Lage des Unternehmens überwacht wird. So stellt sich eine detailliertere Sicht über die wichtigsten Kennzahlen ein und das Unternehmen baut sich zunehmend eine quantitative Entscheidungsgrundlage auf. Dadurch kann der Einfluss von zentralen Entscheidungen auf die Umsatzgenerierung bis zu einem gewissen Grad prognostiziert werden. Durch die Verbesserung des Subscription-Angebots und der Beziehung zum Kunden wächst der Umsatz, der durch bestehende Kunden generiert wird. Das Augenmerk richtet sich sowohl auf Gewinn als auch auf Wachstum.

In dieser Phase hat sich Vertrauen zu einem zentralen Wert entwickelt, was eine Voraussetzung für die nächste Phase ist. Dieses Vertrauen lässt sich durch eine hohe Transparenz aufbauen, in dem die Kunden die Kontrolle über ihr Abonnement haben durch benutzerfreundliches Pausieren, Wiederaufnehmen, Erneuern oder Kündigen.

Phase 5: Optimizing – Maßgeschneiderte Lösungen für den Kunden – das Subscription-Angebot der Zukunft

Der Schwerpunkt in dieser Phase liegt auf effizientem Wachstum und der Schaffung von Kundennutzen. Idealerweise ist das Unternehmen stark auf seine Kunden ausgerichtet, um mit ihnen gemeinsam Wert und Nutzen zu generieren. Somit rückt der Kunde in die zentrale Rolle des „Service Beneficiary“, wobei ihm das Unternehmen dazu verhilft, einen individuellen Wert bei der Verwendung des Produktes oder der Dienstleistung zu erfahren. Um das zu ermöglichen, hat das Unternehmen bis zum Erreichen dieser Phase gelernt, Kundenbedürfnisse zu antizipieren, das Produkt oder den Service darauf auszurichten und gleichzeitig den Kunden die Kontrolle über ihre Subscription zu überlassen.

Die Prozesse werden durch Systeme unterstützt, die einen optimierten Kundenlebenszyklus und damit einen nahtlosen Übergang zwischen der Bestellung, der Umsatzrealisierung und wieder zurück zur Bestellung ermöglichen. Die Systemlandschaft des Subscription-Providers hat bis hierhin den höchsten Grad an Integration über alle Teilbereiche des Subscription-Angebots erreicht. Kunden können über jeden Kanal einkaufen und erfahren überall die gleiche Servicequalität.

Das Unternehmen verfügt über eine gewisse Preisflexibilität. So kann es technologie-gestützte Preisexperimente durchführen, deren Auswirkungen in Echtzeit beobachtbar sind. Der Subscription-Anbieter hat die Fähigkeit implementiert, wichtige Kennzahlen über alle Subscription-Angebote hinweg zu erheben, zu integrieren und auszuwerten. Dazu gehören zum Beispiel die Anzahl der Buchungen und Fakturierungen, der realisierte Umsatz, der Umsatzrückstand und der Rechnungsabgrenzungsposten. Durch die anschließende Analyse der gesammelten Daten können die Unternehmen prognostizieren, wann ein Kunde sein Abonnement anpassen möchte, um seinen gewünschten Nutzen zu erreichen. Der Provider kann darauf reagieren und Maßnahmen entwickeln, welche den Kunden bei der Angebotsanpassung unterstützen. Kundenbetreuungsteams sind dafür zuständig, die Kundennutzungsdaten auszuwerten und herauszufinden, ob die Kunden ihren erwarteten Nutzen tatsächlich erreichen. Obwohl das Unternehmen stetig neue Kunden anwirbt, erzielt es die Mehrheit seines Umsatzes mit wiederkehrenden Einnahmen aus sowohl Up- und Cross-Sells, als auch Vertragserneuerungen.

Die vier Dimensionen für ein zukunftsfähiges Subscription-Modell

Wir beraten Kunden bereits seit über zehn Jahren in diesem Umfeld – egal in welcher der fünf unterschiedlichen Phasen sie sich befinden. Dabei betrachten wir auch zusätzlich immer vier verschiedene Dimensionen, die aus unserer Sicht essenziell sind für ein solides und zukunftsfähiges Subscription Modell:

Strategie: Mit der Einführung von Subscriptions ändert sich grundlegend das Geschäftsmodell.

Kultur: Die neuen Geschäftsmodelle rund um Subscriptions wirken sich auf alle Geschäftsbereiche im Unternehmen aus.

Prozess: Angefangen vom CPQ (Configure Price Quote) im Sales-Bereich über den Kundensupport bis hin zur Rechnungsstellung müssen neue Prozesse eingeführt und bestehende weiterentwickelt werden.

Systeme: Bestandssysteme im Unternehmen kommen hierbei schnell an ihre Grenzen.

 

Fazit

Aus der Praxis können wir sagen: Trends sind zwar kurzlebig, aber anhand der globalen Entwicklung des Kundenverhaltens und der zunehmenden Übersättigung der Märkte ist absehbar, dass sich Subscription-basierte Geschäftsmodelle auch in der Zukunft weiterverbreiten werden. Die damit eingehende Transformation der Unternehmen stellt einen komplexen und längerfristigen Vorgang dar. Das Subscription Maturity Model beschreibt die fünf Phasen, die ein Subscription-Anbieter durchlaufen kann, um sein Angebot zu optimieren. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass das Maturity Model die Grundlage für eine Roadmap-Entwicklung schafft und ein Referenzmodell für die nachhaltige Weiterentwicklung des Subscription-Angebots darstellt. Es bietet Unternehmen eine Orientierungshilfe, sich in diesem längerfristigen Prozess einzuordnen und identifiziert je nach Phase konkrete Handlungsfelder und dazu gehörige Optimierungspotentiale.

Aber nicht ohne Vision. Das Matrurity-Model Framework dient deswegen als Brücke zwischen der Vision, ein ganzes Unternehmen in Richtung eines Subscription-Anbieters zu verändern und den Aktivitäten, um diese in die Realität umzusetzen. Bei der Auswahl zwischen unzähligen möglichen Aktivitäten liefert es Anhaltspunkte, welche konkreten Aktivitäten den größten Einfluss auf die Umsetzung eines erfolgreichen Subscription-Models haben können.

 

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Quellen

1 Vgl. https://www.gruenderszene.de/business/subscription-economy-erfolg-geschaeftsmodell-nexnet-2019-11288 (20.05.20) ^

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