Wird autonomes Fahren in Zukunft zur gesetzlichen Pflicht?

24.01.2018

Braucht es in Zukunft eine gesetzliche Pflicht für autonomes Fahren? 41 Jahre nach Einführung der Anschnallpflicht schauen wir auf die Parallelen zum Thema autonomes Fahren.

Mehrheit der Bundesbürger steht autonomem Fahren kritisch gegenüber

Autonomes Fahren ist die Zukunft, in zehn bis 20 Jahren werden selbstfahrende Autos, Busse oder Bahnen Realität sein. Mit dieser Vorhersage sind sich die Deutschen laut einer repräsentativen Emnid-Umfrage mit den Mobilitätsforschern des Fraunhofer-Instituts IESE Kaiserslautern einig. Gleichzeitig überwiegen bei den befragten Bundesbürgern in puncto autonomes Fahren aber Ablehnung und Ängste. Auch wenn das automatisierte Fahren zahlreiche Vorteile bietet, wird es von einer großen Mehrheit sehr skeptisch betrachtet. Zwei Drittel stehen der Technik eigenen Angaben nach grundsätzlich misstrauisch gegenüber, 61 Prozent können sich demnach auch nicht vorstellen, ein selbstfahrendes Auto zu nutzen. Für die breite Ablehnung gegenüber dem autonomen Fahren machen die Deutschen aber vor allem die Angst vor Unfällen (84 Prozent) oder vor dem Verlust der Kontrolle über das Auto (83 Prozent) verantwortlich. Mögliche Hackerangriffe werden immerhin von 74 Prozent der Befragten angeführt. Den Forschern zufolge verhindert automatisiertes Fahren zu langsame Reaktionszeit, Müdigkeit, Ablenkung und andere menschliche Faktoren, die Unfälle verursachen.

Auch der Sicherheitsgurt sorgte in den 70er Jahren für Skepsis bei den Autofahrern

2016 war das unfallreichste Jahr seit der deutschen Wiedervereinigung. Die Polizei nahm im Jahr 2016 rund 2,6 Millionen Unfälle auf, 2,8 % mehr als ein Jahr zuvor. Bei 2,3 Millionen Unfällen blieb es bei Sachschäden, bei 308.200 Unfällen wurden Personen verletzt oder getötet (3.214 Tote). Vor über 45 Jahren lag die Zahl der Verkehrstoten aber noch wesentlich höher. Anfang 1971 meldeten die Statistiker in Deutschland 21.332 Verkehrstote. Mehr als jemals zuvor. Paradoxerweise verweigerten sich damals nach wie vor Millionen Menschen dem Lebensretter Sicherheitsgurt. Eine Gutpflicht, die es heute gibt, war damals vom Gesetzgeber noch nicht vorgeschrieben. Doch was genau hatten die Deutschen damals gegen das Anschnallen? Dass der Gurt im Falle eines Unfalls helfen konnte, gestand eine große Mehrheit der Bundesbürger sogar ein. 90 Prozent hielten ihn „für ein notwendiges, da sinnvolles aktives Rückhaltesystem„, ergab eine damals in der Bundesrepublik in Auftrag gegebene Umfrage. Gegen eine Pflicht zum Einbau hatten zwei Drittel der Befragten nichts einzuwenden. Aber sich selbst anschnallen? Nein danke!

Erst ab Anfang 1974 mussten neue Fahrzeuge Gurte fest installiert haben. Zum 1. Januar 1976 wurde dann die Anschnallpflicht eingeführt. Allerdings wurde eine Missachtung anfangs nicht mit einem Bußgeld geahndet. Zwischen Gurtbefürwortern und Gurtgegnern wurde laut Spiegel hoch emotional erbittert gestritten – oft bis hin zum Gerichtsprozess.

Schon ab 1974 wurde mit Plakaten und Anzeigen versucht, den Westdeutschen den Gurt als Sicherheitsinstrument näher zu bringen. Da man es nach wie vor mit einem harten Kern von Verweigerern zu tun hatte, wurde das bereits angedrohte Bußgeld 1984 schließlich doch eingeführt. Wer nicht angeschnallt war, zahlte 40 Mark. Die Zahl der Gurtbenutzer stieg rapide. Heute liegt sie bei 95 Prozent.

Bringt autonomes Fahren die nächste Sicherheitsstufe?

Autonomes Fahren ist derzeit das Top Thema der Automobilhersteller und Zulieferer. Wöchentlich gibt es Nachrichten zu Fortschritten in der Forschung. Seit Oktober 2016 werden alle Tesla-Fahrzeuge mit einer Hardware ausgeliefert, die es erlaubt, die Fahrzeuge zukünftig vollautonom, d.h. nach SAE Level 5 zu fahren. SAE Level 5 ist die höchste definierte Stufe die folgendermaßen beschrieben ist: „Volle Automation, die durchgängige Ausführung aller Aspekte der dynamischen Fahraufgabe durch ein automatisiertes Fahrsystem unter allen Fahr- und Umweltbedingungen, die von einem menschlichen Fahrer bewältigt werden können“. Es bleibt spannend, wann das erste Fahrzeug mit SAE Level 5 auf der Straße zu sehen ist. Die ZF Friedrichshafen hat zu diesem Thema die Vision Zero ausgerufen: „Null Verkehrsunfälle und null Emissionen – in einer Welt, in der alle Transportmittel elektrisch, autonom und vernetzt unterwegs sind, wird diese Vision Zero Wirklichkeit.“ Das würde bedeuten: Von heute 2,3 Millionen Unfällen auf Null.

ZF Vision Zero - doublaSlash

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kooperation von ZF im Vision Zero Ökosystem mit anderen Partnern

Ob der Gesetzgeber das autonome Fahren juristisch irgendwann vorschreibt, einzelne Unfälle mit Autopiloten die Einführung verzögern und ob die Vorteile des autonomen Fahrens ausreichend für eine Kaufentscheidung sind, wird sich in den nächsten Jahren bzw. Jahrzehnten zeigen. Klar ist, autonomes Fahren dürfte die Mobilitätskonzepte ähnlich stark beeinflussen wie die Erfindung des Automobils – und das Thema Sicherheit spielt dabei die zentrale Rolle. Bis dahin liegt die Verantwortung bei den Unternehmen verantwortungsvoll mit dem Thema Sicherheit umzugehen und ein ausgereiftes Produkt auf den Markt zu bringen. Marketing Formulierungen wie „Autopilot“ für teilautonome Beta-Systeme zu nutzen, wie es beispielweise Tesla in der Vergangenheit gemacht hat, ist dabei kontra produktiv und hilft nicht dabei das so elementar benötigte Kundenvertrauen für das „autonome Fahren“ zu gewinnen. Auch für uns als Unternehmen, dass sich in verschiedenen Projekten wie der Vision Zero als strategischer Partner mit dem Thema autonomes Fahren beschäftigt, werden diese Entwicklungen im Bereich Fortschritt und Kommunikation mit Spannung beobachtet.

 

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Quellen:

http://www.spiegel.de/einestages/einfuehrung-der-gurtpflicht-a-946925.html

https://t3n.de/news/autonomes-fahren-skepsis-814016/

https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2017/april/zwei-von-drei-deutschen-misstrauen-selbstfahrenden-autos/

http://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2017-09/tesla-unfall-autopilot-mitverantwortlich

https://www.sae.org/misc/pdfs/automated_driving.pdf

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/autopilot-zweiter-unfall-mit-tesla-autopilot-elon-musk-in-erklaerungsnot-1.3068042

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