Vom Silo zum Netzwerk: Die Evolution des Datenaustauschs durch föderierte Datenräume

11.08.2023

In Zeiten von Big Data und der digitalen Transformation sind Daten mehr als nur Zahlen und Bytes: Sie sind das Fundament, auf dem Prozesse optimiert, Entscheidungen getroffen und neue Geschäftsmodelle entwickelt werden.

Aber wie gehen Unternehmen mit der Doppelaufgabe um, einerseits die Datenmenge zu meistern und andererseits deren Sicherheit zu gewährleisten? Eine Lösung hierfür sind sogenannte „föderierte Datenräume“, auch bekannt unter dem Begriff „Dataspaces“. In diesem Blogbeitrag erkunden wir, was hinter diesem Konzept steckt und warum es für moderne Unternehmen so relevant sein könnte.

 

 

Definition

Der Begriff „Datenräume“ bezieht sich auf eine spezielle Art der Datenbeziehung zwischen vertrauenswürdigen Partnern, die dieselben hohen Standards und Richtlinien in Bezug auf Datenspeicherung und -freigabe innerhalb eines oder mehrerer vertikaler Ökosysteme einhalten. Vertikale Ökosysteme sind in diesem Bezug bestimmte Branchen oder Sektoren, in denen die Daten von verschiedenen Partnern und Akteuren innerhalb dieser spezifischen vertikalen Branche geteilt werden. Ein vertikales Ökosystem ist ein Netzwerk von Unternehmen, Organisationen und Institutionen, die in derselben Branche tätig sind und oft in einer Wertschöpfungskette oder in bestimmten Geschäftsprozessen zusammenarbeiten. Dabei verbleiben die Daten in ihren ursprünglichen Quellen oder Speicherorten, werden jedoch über Metadaten, Berechtigungen und Sicherheitsmechanismen zusammengeführt und kontrolliert. Dies ermöglicht den Benutzern den Zugriff auf Daten aus verschiedenen Quellen, während die Kontrolle über die Datenverwaltung und den Datenschutz bei den ursprünglichen Datenquellen verbleibt.

Im Kontext von Datenräumen beziehen sich föderierte Datenräume auf die Schaffung einer gemeinsamen Plattform, auf der Daten aus verschiedenen verteilten Quellen zusammengeführt und zugänglich gemacht werden können.1

 

Bestandteile eines Datenraums

Datenraum Aufbau
Abbildung 1: Bestandteile eines Datenraums, Quelle: eigene Darstellung

 

Teilnehmende: Dies sind die Akteure im Datenraum und bestehen aus Bereitstellenden (Datenquellen), Empfangenden (Datenziel) und Intermediären (Vermittler zwischen Bereitstellenden und Empfangenden). Teilnehmende können Organisationen oder Einzelpersonen sein und je nach Austauschprozess unterschiedliche Rollen einnehmen.

Praktiken, Vereinbarungen, Einrichtungen: Diese Komponenten umfassen die verschiedenen Praktiken, Vereinbarungen und Einrichtungen, die den Datenaustausch im Datenraum ermöglichen, erleichtern oder steuern. Dazu gehören beispielsweise Softwareprotokolle, Standards und Verträge, die den reibungslosen Austausch und die Interoperabilität der Daten gewährleisten.

Konnektoren: Konnektoren sind clientseitige Anwendungen, die es den Teilnehmenden ermöglichen, am Datenaustausch im Datenraum teilzunehmen und dabei eine maximale Kontrolle über die betreffenden Daten auszuüben. Sie dienen als Schnittstellen, über welche Teilnehmende auf die Daten zugreifen, diese austauschen und die Sicherheit und Zugriffsrechte verwalten können.2

 

Was spricht für föderierte Datenräume?

Souveränität über die Daten und Schutz der Privatsphäre
Föderierte Datenräume ermöglichen es Eigentümern von Daten, die Kontrolle über ihre Daten zu behalten. Anstatt die Daten an einem zentralen Ort zu speichern, verbleiben sie bei den ursprünglichen Quellen oder Organisationen. Dies stärkt die Datensouveränität und gewährleistet, dass Datenschutzbestimmungen und -richtlinien eingehalten werden.

Zusammenarbeit und Datenaustausch fördern
Gemeinsame Datenräume schaffen eine Plattform, auf der verschiedene Organisationen oder Institutionen Daten sicher austauschen und gemeinsam bearbeiten können. Dies erleichtert die Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen, z. B. in der Forschung, der Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung.

Skalierbarkeit und Flexibilität
Der föderierte Ansatz ermöglicht die Integration von Daten aus verschiedenen Quellen. Dabei müssen die Daten nicht physisch kopiert werden. Ohne zentralisierte Datenmigration ermöglicht dies eine flexible Skalierung und eröffnet neue Möglichkeiten für Anwendungen und Analysen.

Reduzierung von Redundanz und Kosten
Föderierte Datenräume reduzieren die Notwendigkeit, Daten an mehr als einer Stelle zu speichern und zu verwalten. Dadurch werden Redundanz und Kosten reduziert. Unternehmen können ihre Daten unabhängig verwalten und dennoch von den Vorteilen der gemeinsamen Nutzung und Wertschöpfung profitieren.1

Föderierte Datenräume sprechen für eine sichere und kontrollierte Zusammenarbeit und Nutzung von Daten zwischen verschiedenen Akteuren. Dabei werden die Integrität und Vertraulichkeit der Daten gewahrt. Sie sind ein Beitrag zur Stärkung der digitalen Souveränität und zur Eröffnung neuer Möglichkeiten für datengetriebene Innovation und Zusammenarbeit.

 

Beispiele und Anwendungsfälle

Gaia-X

Gaia-X ist ein europäisches Projekt, das darauf abzielt, eine souveräne, vernetzte und föderierte Dateninfrastruktur für Europa zu schaffen, in der Unternehmen und Organisationen Daten sicher austauschen können. Dabei sollen europäische Datenschutzstandards und -regelungen eingehalten und eine vertrauenswürdige Datenplattform für verschiedene Branchen bereitgestellt werden. Ein weiterer Effekt, der aus Gaia-X resultiert, ist eine Verringerung der Abhängigkeit zu nicht-europäischen Anbietern.

 

Gaia-X: Föderierte Datenräume
Abbildung 2: Gaia-X, Quelle: https://gaia-x.eu/what-is-gaia-x/deliverables/data-spaces/

 

Das Projekt Gaia-X könnte beispielsweise die Zusammenarbeit mehrerer Unternehmen aus verschiedenen Branchen bei der Entwicklung eines neuen Produkts sein. Jedes Unternehmen hat dabei seine eigenen Datensätze, die für das Projekt benötigt werden. Durch den Einsatz von Gaia-X können die Daten sicher und effizient zwischen den Unternehmen ausgetauscht werden, ohne dass sie ihre Datenhoheit verlieren. Um dies zu gewährleisten, hat die International Data Spaces Association (IDSA) ein Referenzarchitekturmodell für die Teilnehmer vorgeschlagen, das die Standards und Richtlinien in Bezug auf Datenspeicherung und -freigabe festlegt. Wichtig zu erwähnen ist, dass Gaia-X ein Zukunftsprojekt ist2.

 

Catena-X

Ein etwas konkreteres Unterprojekt, das im Kontext föderierter Datenräume erwähnt werden sollte, ist Catena-X. Dies ist eine Initiative der deutschen Automobilindustrie, die darauf abzielt, eine gemeinsame Dateninfrastruktur für die gesamte Lieferkette in der Automobilbranche zu schaffen. Das Projekt strebt an, eine föderierte Datenplattform zu etablieren, auf der Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette sicher und effizient Daten austauschen können.

 

Catena-X: Föderierte Dateräume
Abbildung 3: Catena-X, Quelle: https://catena-x.net/de

 

Der Name Catena-X leitet sich von dem lateinischen Wort „catena“ ab, was so viel wie „Kette“ bedeutet. Ziel ist, die Datenkette in der Automobilindustrie zu stärken und die Zusammenarbeit zwischen Herstellern, Zulieferern, Händlern und anderen Akteuren zu verbessern. Durch die Vernetzung der verschiedenen Datenquellen und den sicheren Austausch von Informationen können Unternehmen ihre Prozesse optimieren, die Transparenz erhöhen und innovative Lösungen entwickeln3.

Ein konkreter Anwendungsfall von Catena-X ist die Verfolgung der Lieferkette eines Autos. In der Automobilbranche gibt es eine Vielzahl von Partnern und Zulieferern, die an der Produktion eines Fahrzeugs beteiligt sind. Jeder dieser Partner generiert und besitzt Daten, die für die Verfolgung und Qualitätssicherung der Lieferkette von entscheidender Bedeutung sind. Durch den Einsatz der Catena-X-Datenplattform können diese Daten sicher und vertrauenswürdig zwischen den Beteiligten ausgetauscht werden. Dadurch wird eine transparente und nachvollziehbare Lieferkette geschaffen, die es ermöglicht, potenzielle Engpässe oder Qualitätsprobleme frühzeitig zu erkennen und zu beheben. Die Entwicklung des Projekts lässt sich in Form von zahlreichen Entwicklungsprojekten bereits verfolgen.

Die Catena-X-Initiative legt großen Wert auf die Sicherheit und Datenschutzbestimmungen bei der Datenfreigabe. Unternehmen behalten die Kontrolle über ihre eigenen Daten und entscheiden, welche Informationen sie teilen möchten. Durch den Einsatz von Technologien wie zum Beispiel des Eclipse Data Space Connectors können die Daten manipulationssicher gespeichert, standardisiert übertragen und Zugriffsrechte präzise geregelt werden.

 

Catena-X Übersicht
Abbildung 4: Catena-X Übersicht, Quelle: https://catena-x.net/de/angebote-standards/edc-die-zentrale-komponente-fuer-die-navigation

 

Mit Catena-X und ähnlichen föderierten Datenräumen können Unternehmen in der Automobilbranche ihre Zusammenarbeit stärken, Innovationen fördern und die Effizienz entlang der gesamten Wertschöpfungskette steigern.
doubleSlash arbeitet an der Umsetzung von Catena-X mit. Durch unsere Beteiligung an der Entwicklung dieser föderierten Datenplattform haben wir wertvolles Wissen und Erfahrungen gesammelt, wie die vielfältigen Vorteile einer föderierten Datenplattform voll ausgeschöpft werden können.

 

Für mehr Informationen rund um das Thema föderierte Datenräume, wie sie funktionieren und wer dabei alles eine Rolle spielt, haben wir weitere Blogbeiträge veröffentlicht:

 


[1] https://internationaldataspaces.org/why/data-spaces/ ^

[2] https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Publikationen/Digitale-Welt/das-projekt-gaia-x.pdf?__blob=publicationFile&v=1 ^

[3] https://catena-x.net/de/ ^

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